Auf der weiteren Flucht nach Calais im Gare du Nord in Paris lebensgefährlich verletzt
Ein junger Flüchtling, der zuvor monatelang in Freiburg und Umgebung war, verletzte sich lebensgefährlich beim Versuch mit dem Eurostar, der zwischen Paris und London verkehrt, als blinder Passagier nach London zu kommen. Seine Flucht wirft viele Fragen auf, u.a. die der Aufnahme, der fragwürdigen Alterseinschätzung, dem Abdrängen in die Obdachlosigkeit, dem Umgang mit traumatisierten Menschen.
Fahd Shahin floh als Jugendlicher aus Ägypten. Er hatte dort schon früh gearbeitet, wurde Halbwaise und wollte in Europa Geld verdienen, um sich und seine Mutter zu ernähren. Über seinen Fluchtweg äußerte er sich nie klar, auch sonst machte er unterschiedliche Angaben – offenbar war er im Lauf der Flucht traumatisiert worden und hatte ein Misstrauen gegenüber den meisten Menschen entwickelt. Wahrscheinlich über Italien kam er nach Freiburg und hoffte hier endlich ein neues Zuhause zu finden. Obwohl seine Geburtsurkunde bescheinigt, dass er am 1. November 1998 geboren ist, hatte er über seinen gesamten Aufenthalt in der Freiburger Region hinweg mit den Behörden zu kämpfen, die darauf bestanden, ihn als volljährig einzustufen. Dies wurde im Freiburger St. Josefskrankenhaus durch die Methode der medizinischen Alterseinschätzung untermauert, die aus wissenschaftlicher, ethischer und juristischer Perspektive unhaltbar ist und von der Bundesärztekammer abgelehnt wird. Fahd hätte eine Betreuung als schutzbedürftiger und traumatisierter junger Mensch gebraucht, statt dessen wurde er aus entsprechenden Hilfseinrichtungen ausgeschlossen und allein gelassen. Zuletzt suchte er sich eine private Unterkunft, doch nach einem Gespräch mit der Polizei brach er ohne weitere Rückmeldung auf.
Durch internationale Medien ging die Nachricht, dass am 29. Juli ein junger Flüchtling in Paris versucht hatte, auf einen Zug zu springen, der ihn nach Calais und von dort aus nach Großbritannien bringen sollte. Er erlitt einen Stromschlag und schwebte tagelang in Lebensgefahr. Noch immer liegt er mit schweren Verbrennungen im Krankenhaus. Es handelte sich dabei um Fahd.
Er wurde dazu getrieben, von Freiburg, wo er sich endlich angekommen fühlte, weiterzufliehen und dabei sein Leben zu riskieren. Sein tragischer Unfall wäre vermeidbar gewesen: Die Praxis der Alterseinschätzungen muss abgeschafft werden und junge, traumatisierte, hilfsbedürftige Menschen brauchen Unterstützung unabhängig von ihrem genauen Alter.
freiburg-paris-calais Presseerklärung_04.08.2015
Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung