Hochschwangere Asylsuchende am Flughafen Frankfurt – Kein Einzelfall

PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.

Presseerklärung 12. März 2009

PRO ASYL erneuert Kritik: Die gefängnisähnliche Unterkunft ist kein geeigneter Ort für schwangere Frauen, Minderjährige und Traumatisierte.

Im Fall der bis kurz vor der medizinisch indizierten Einleitung der Geburt in der Flüchtlingsunterkunft des Frankfurter Flughafens festgehaltenen 17jährigen Asylsuchenden aus Kamerun bekräftigt PRO ASYL die Kritik am Vorgehen des Bundesamtes. „Die Flüchtlingsunterkunft im Flughafentransit ist ein absolut ungeeigneter Ort für Menschen, die verletzbaren Gruppen angehören und deshalb besonderer Unterstützung bedürfen. Dazu gehören selbstverständlich unbegleitete Minderjährige, schwangere Frauen, Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern und Menschen, die mutmaßlich Opfer von Folter, Vergewaltigung oder anderen Formen von Gewalt geworden sind“, so PRO ASYL Referent Bernd Mesovic .

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hätte direkt nach der Ankunft der Minderjährigen vor mehr als 14 Tagen unverzüglich die Einreise gestatten müssen und in Zusammenarbeit mit dem Frankfurter Jugendamt eine adäquate Unterbringung möglich machen können, um so für die Gesundheit von Mutter und Kind Sorge zu tragen. Das Bundesamt vertritt aber offenbar gegenüber den Medien die Auffassung, die medizinische Betreuung selbst Hochschwangerer und jugendgerechte Maßnahmen seien in der Flughafenunterkunft zu gewährleisten. Das ist absurd.

Das Bundesamt versucht davon abzulenken, dass es Anhörungstermine sowohl zum errechneten Geburtstermin als auch für den Tag, an dem die Einleitung der Geburt anstand, anberaumt hatte. Das Bundesamt ließ von seinem Vorhaben erst ab, als es mit einem Antrag konfrontiert wurde, durch die Einschaltung eines Arztes die Verhandlungsunfähigkeit wenige Stunden vor der beabsichtigten Einleitung der Geburt feststellen zu lassen.

PRO ASYL begrüßt die Stellungnahme der Leiterin des Frankfurter Jugendamtes, Christiane van den Borg, die darauf hingewiesen hat, die Einreise hätte in diesem Fall schneller gestattet werden müssen. Frau von den Borg nannte das Vorgehen des Bundesamtes und der Bundespolizei „nicht üblich“.

PRO ASYL ist allerdings ein weiterer Fall bekannt, in dem eine hochschwangere Frau angehört worden ist. Die Eritreerin traf im April 2007, begleitet von zwei Kindern, von denen eines behindert ist, auf dem Flughafen Frankfurt ein. Die Anhörung beim Bundesamt erfolgte sechs Tage später. Die Frau gebar ihr Kind zwei Tage nach der Anhörung. Die Rechtsanwältin, die die Eritreerin in der späteren Klage vor dem Verwaltungsgericht vertrat, wies in ihrer Klagebegründung darauf hin, dass die Frau in diesem Zustand niemals hätte angehört werden dürfen. Die besondere Schutzbedürftigkeit der Frau im Sinne der EU-Aufnahmerichtlinie hätte berücksichtigt werden müssen. Diese Richtlinie allerdings wird offenbar bis heute vom Bundesamt und Bundesinnenministerium im Flughafenverfahren weitgehend ignoriert.

PRO ASYL ist vom Frankfurter Jugendamt darauf hingewiesen worden, dass es in seinem Antrag beim Familiengericht auf Errichtung einer Amtspflegschaft die Bestellung einer weiblichen Ergänzungspflegerin vorgeschlagen habe. Dies trifft zu. Es war der zuständige Richter beim Familiengericht Frankfurt am Main, der entgegen der Empfehlung der fachkompetenten Behörde einen männlichen Ergänzungspfleger bestellt hat, obwohl in diesem Fall ersichtlich geschlechtsspezifische Sachverhalte eine Rolle spielen. PRO ASYL hat durch die Einschaltung der jetzt tätigen Rechtsanwältin und die Finanzierung des Verfahrens aus seinem Rechtshilfefonds dazu beigetragen, dass die längst nötige Einreiseentscheidung des Bundesamtes endlich ergangen ist.

Nach der EU-Aufnahmerichtlinie ist Deutschland aufgefordert, die spezielle Situation besonders schutzbedürftiger Personen zu berücksichtigen. Zu regeln bleibt von Seiten des Bundesinnenministeriums das menschlich eigentlich Selbstverständliche: Die Herausnahme besonders Schutzbedürftiger aus dem Flughafenasylverfahren.

gez. Bernd Mesovic

Referent

Postfach 16 06 24

Telefon: 069/23 06 88

internet: http://www.proasyl.de

60069 Frankfurt / Main

Telefax : 069/23 06 50

e-mail: proasyl@proasyl.de