20. Mai 09
Ob der Satz zur Abschreckung gedacht war oder eine faschistische Machtfantasie verrät – jedenfalls findet Italiens Regierungschef, es sei menschlicher, Flüchtlinge abzuschieben, als sie in den Lagern seines Staates zu internieren.
Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat die Flüchtlingslager in Italien mit Konzentrationslagern verglichen. Wie italienische Medien am Mittwoch berichteten, verteidigte der für seine schrägen Vergleiche berüchtigte Medienzar am Vortag damit die neue Flüchtlingspolitik seines Landes. Aufgrund dieser Politik waren zuletzt Hunderte von Bootsflüchtlingen auf hoher See aufgegriffen und direkt nach Afrika zurückgebracht worden, ohne dass sie vorher italienischen Boden betreten oder einen Asylantrag stellen konnten. Die Vereinten Nationen sowie zahlreiche Hilfsorganisationen hatten Italien in den vergangenen Wochen wegen dieses Vorgehens scharf kritisiert.
«Unsere ‚Zentren zur Identifikation der Immigranten‘ sind Konzentrationslagern sehr ähnlich», sagte Silvio Berlusconi bei einer Pressekonferenz mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Dienstag in der Erdbebenregion Abruzzen. Deshalb sei es viel «menschlicher», die Flüchtlinge zurückzuschicken.
Berlusconi hatte vor wenigen Tagen – verknüpft mit drei Vertrauensabstimmungen – ein vor allem gegen illegale Einwanderer und Ausländer gerichtetes Gesetz zur Sicherheits- und Flüchtlingspolitik durch das Parlament gepeitscht. Das umstrittene Gesetz sieht unter anderem vor, illegale Einwanderung zur Straftat zu erklären und mit Geldstrafen zu belegen. Der Aufenthalt von Einwanderern in den Auffanglagern kann auf sechs Monate verlängert werden und es wird eine Gebühr von bis zu 200 Euro für die Aufenthaltsgenehmigung geben. Zudem verpflichtet das neue Gesetz Staatsbeamte dazu, illegale Einwanderer bei der Polizei anzuzeigen.
Das UN-Flüchtlingshochkommissariat hatte harsche Kritik an dem Gesetz geübt und Berlusconis Regierung vorgeworfen, mit dieser Methode der Abschiebung die Genfer Konvention zu verletzen.
Vor den direkten Abschiebungen war Italien allerdings auch mehrfach wegen seiner chronisch überfüllten Flüchtlingslager kritisiert worden. Auf der winzigen Insel Lampedusa zwischen Sizilien und Nordafrika befanden sich seit Anfang des Jahres zum Teil 1800 Menschen in einem für knapp 800 Menschen konzipierten Lager. An den italienischen Küsten strandeten im vergangenen Jahr rund 36.500 Flüchtlinge, davon fast 32.000 auf Lampedusa. 75 Prozent von ihnen stellten Antrag auf Asyl. (nz/dpa)
Quelle: <http://www.netzeitung.de/politik/ausland/1360701.html>
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