Über 700 Menschen beteiligten sich am 5. Dezember in Freiburg an einer Demonstration für ein uneingeschränktes Bleiberecht. An der Demonstration, zu der „Aktion Bleiberecht“ aufgerufen hatte, beteiligte sich trotz des trüben Wetters ein buntes Bündnis aus Freiburger BürgerInnen. Auch einige Städträte nahmen an dem Demonstrationszug durch die vorweihnachtliche Freiburger Innenstadt teil.Beginn war um 13 Uhr vor der Ausländerbehörde Freiburg. Gleich zu Beginn stellte ein Sprecher von „Aktion Bleiberecht“ klar: Der Beschluss der Innenministerkonferenz zum Aufenthaltsrecht für Langzeitgeduldete, sei „völlig unzureichend“. Von 30.000 können 15.000 Betroffene aufatmen. Alte, Kranke und Behinderte haben keine Chance. Mit der Verlängerung der Bleiberechtsregelung um zwei Jahre hätten die Innenminister keine langfristige Lösung geschaffen, sondern das Problem nur aufgeschoben. Über 60.000 Betroffene die mittlerweile schon länger als 6 Jahre mit einer Duldung hier leben, wurden ebenfalls nicht berücksichtigt. Scharf kritisiert wurde außerdem, dass weiterhin Abschiebungen in den Kosovo, nach Syrien und in den Iran durchgeführt werden sollen. Um auf die Gefahr dieser menschenrechtsverletzenden Regelung aufmerksam zu machen, nahmen auch ca. 100 in Freiburg und Umgebung lebende geduldete Roma an der Demonstration teil. Durch das Rücknahmeübereinkommen zwischen Deutschland und dem Kosovo droht ihnen akut die Abschiebung.
Begleitet durch eine Sambaband ging es dann los in Richtung Stadtmitte – heiße Rhytmen gegen kalte Füße. Der bunte Demozug hinterließ bleibende Fußspuren aus Papier (Aufschrift: Wer bleiben will, soll bleiben“) in der Innenstadt, brachte für kurze Zeit den Straßenbahnverkehr am Bertholdsbrunnen zum Stillstand und hielt auch so manchen Freiburger von den Weihnachtseinkäufen ab. „Waren rein – Menschen raus!?“ Was dieser Slogans bedeutet, verdeutlichte eine Aktivistin in einem kleinem Märchen: Was wäre, wenn all‘ die guten Sachen, die die uns die Weihnachtszeit versüßen, das „Ausländer raus!“ tatsächlich ernst nähmen? Wie sähe Weihnachten in Deutschland aus, ohne Marzipan, Zimt und Rosinen? Die EU öffnet ihre Grenzen für Waren – nicht aber für schutzsuchende Menschen. Während sich die EU durch ihre Grenzschutzagentur FRONTEX und Überwachungsmaßnahmen immer besser vor Flüchtlingen zu „schützen“ weiß, soll es Asylsuchenden in Deutschland so ungemütlich wie möglich gemacht werden. Residenzpflicht, leben im Lager, Arbeitsverbot,.. – die restriktive deutsche Flüchtlingspolitik sei beispiellos. „Wir sind seit 17 Jahren hier und können jederzeit abgeschoben werden“, erklärte ein Flüchtling aus dem Kosovo bei der Kundgebung an der Rathausgasse. In seiner Rede bedankte er sich bei den Freiburger Bürgern für ihre Solidarität und Unterstützung. „Wir wollen in einer sicheren Umgebung wohnen! Wir haben diese nicht im Kosovo!“ Auf ein deutlich hörbares „Aber hier habt ihr sie?“ reagierte er überzeugend: „Ja, denn hier können unsere Kinder zur Schule gehen, hier können sie in Frieden aufwachsen“.
Bevor die Demonstration auf dem Platz der Alten Synagoge endete, machte der Zug in der Rosastrasße Halt. Hier befindet sich die Außenstelle des Regierungspräsidiums, die bisher für die Abschiebungen zuständig war. In aller Deutlichkeit wurde auf die Rücknahmeübereinkommen, die Deutschland mit dem Kosovo und Syrien abgeschlossen hat, aufmerksam gemacht. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass die Abschiebungen in den Kosovo mittlerweile zentralisiert durchgeführt werden – für die südlichen Bundesländer ist das Regierungspräsidium Karlsruhe zuständig.
Auf der Abschlusskundgebung vor dem noch immer besetzten Audimax wies die Sprecherin von „Aktion Bleiberecht“ auf den Beschluss des Freiburger Gemeinderates aus dem Jahr 2006 hin, mit dem sich die Politiker eindeutig gegen Abschiebungen von Roma ausgesprochen hatten. Die verantwortlichen Politiker sollten sich auf allen Ebenen, kommunal, in den Landtagen und im Bundestag, für ein echtes Bleiberecht einsetzen. Auf dem Platz der Alten Synagoge kritisierte sie die rassistische deutsche Asylgesetzgebung, die Flüchtlinge kriminalisiert und an den Rand der Gesellschaft drängt. Die Demonstration solle ein Zeichen gegen diese Ausgrenzung sein. Gemeinsam wolle man verhindern, dass es zu Abschiebungen kommt. Am 18. Dezember wird es im autonomen Freiburger Zentrum KTS zu diesem Thema auch eine gemeinsame Veranstaltung von „Aktion Bleiberecht“ und „The Voice Refugee Forum“ geben. Wer bleiben will, soll bleiben! Kein Mensch ist illegal!
Interviews und Live-Mitschnitte auf der Demo von Radio Dreyeckland