PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V.
Presseerklärung / 6.Oktober 2010
PRO ASYL: Fatale Allianz gegen den Flüchtlingsschutz
Appell an das Europaparlament: Kooperation sofort stoppen
Die EU-Kommissarin Cecilia Malmström hat während ihres zweitägigen Besuchs in Tripolis ein Abkommen über Migrationszusammenarbeit zwischen der EU und Libyen geschlossen. In ihren mündlichen und schriftlichen Erklärungen versucht die EU-Kommission, alle zentralen Aspekte dieser fatalen Allianz gegen den Flüchtlingsschutz zu verschleiern.
„Es ist angesichts der eklatanten Menschenrechtsverletzungen in Libyen schlichtweg zynisch, wenn die Kommission in ihrem Memo vom 5. Oktober 2010 zur Zusammenarbeit mit Libyen überhaupt die Rubrik ‚Internationaler Schutz‘ anführt. Aktuell sind Schutzsuchende dort Freiwild“, so Karl Kopp, Europareferent von PRO ASYL. Die EU will nunmehr den „libyschen Behörden“ beim „Screening“ derjenigen helfen, die internationalen Schutz brauchen.
In bemerkenswerter Eindeutigkeit hat das Europaparlament in einer Entschließung vom 17. Juni 2010 die Menschenrechtsverletzungen in Libyen verurteilt. Darin heißt es, dass es in den libyschen „Auffanglagern zu Misshandlungen, Folter und Ermordungen“ komme und dass „Flüchtlinge im menschenleeren Grenzgebiet zwischen Libyen und anderen afrikanischen Staaten ausgesetzt werden“. Das Europaparlament mahnt, dass „Flüchtlinge stets von einer Abschiebung in ihre Herkunfts- oder Transitländer bedroht sind, ohne dass die Kriterien der Genfer Konvention zur Anwendung kommen, und sie damit von Verfolgung und Tod bedroht sind“.
Libyen hat die Genfer Flüchtlingskonvention nicht unterzeichnet und Diktator Gaddafi hat mehrfach klar bekundet, dass er dies auch nicht vorhabe. Selbst Menschenrechtskonventionen, beispielsweise die Flüchtlingskonvention der Organisation für Afrikanische Einheit vom 10.9.1969, die das Land unterzeichnet hat, werden täglich mit den Füssen getreten. Im Kommissionsjargon heißt es: die Standards seien noch nicht implementiert.
Die einfache Wahrheit: „Mit dem libyschen Regime lässt sich kein Flüchtlingsschutz organisieren und niemand der politisch Verantwortlichen in Europa glaubt das“, so Kopp. EU-Kommissarin Malmström streut zwar bei jeder Erklärung zu dieser „schwierigen Partnerschaft“ ein, dass die EU-Kommission die Grundrechte von Flüchtlingen und Migranten in Libyen ins Zentrum aller Bemühungen stellen möchte. Das jahrelange Anbiedern an das libysche Regime der EU und ihrer Mitgliedsstaaten verfolgt jedoch nur einen Zweck: Schutzsuchende um jeden Preis an der Weiterflucht nach Europa zu hindern.
PRO ASYL appelliert an das Europaparlament, die klare Verurteilung Libyens vom Juni in politisches Handeln umzusetzen und die Kommission zu stoppen. Alle Kooperationen mit dem Regime im Politikfeld Flucht und Migration müssen unverzüglich eingestellt werden. Es darf keine Partnerschaft mit einem Regime geben, das die Menschenrechte eklatant verletzt. Die EU zerstört ansonsten den letzten Rest ihrer Glaubwürdigkeit in Fragen der Menschenrechte und des Flüchtlingsschutzes.
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