junge welt 12.11.2010
Regensburg: Schüler und Flüchtlingsinitiative bewahren 15jährige und ihre Mutter vor Ausweisung
In Regensburg konnte am Mittwoch nachmittag die Abschiebung einer 15jährigen Schülerin mit ihrer Mutter nach Dagestan verhindert werden. Die Mutter sitzt weiterhin in Abschiebehaft.
Die auf Betreiben der Zentralen Rückführungsstelle für Freitag, 10.25 Uhr, vorgesehene Abschiebung der alleinerziehenden Mutter mit ihrer Tochter wurde nach Protesten vom bayerischen Innenministerium ausgesetzt. Grund für das Einlenken waren eine Eilpetition an den bayerischen Landtag mit einer Stellungnahme der Bürgerinitiative Asyl Regensburg (BI Asyl), anwaltliche Bemühungen und der Einsatz von Mitschülern und Arbeitskollegen. Am 24. November wird der Fall im Landesparlament behandelt.Die verwitwete alleinerziehende Mutter von zwei Kindern steht in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis und ist laut der BI in Regensburg gut integriert. Ihre Tochter sei eine gute Schülerin und unter anderem »Streitschlichterin« an ihrer Schule. Außerdem mache sie im Rahmen des Projektes »Younggagement« ein soziales Praktikum in einem Altersheim. Ihre Klassenleiterin erwarte mindestens einen qualifizierenden Hauptschulabschluß.
Nach der Inhaftierung der Mutter am 5. November war die Aufregung groß. Viele wurden aktiv, um die Ausweisung zu verhindern. Schüler und Lehrer, aber auch der Betrieb der Mutter und ihre Kolleginnen haben in Stellungnahmen und Unterschriftensammlungen gegen die Abschiebung protestiert.
Bis Dienstag durfte die Mutter in der Abschiebehaft nicht besucht werden. Einem Pfarrer wurde es nicht erlaubt, der gläubigen Muslimin eine Gebetskette ihrer Kinder zu übergeben.Die Bürgerinitiative aus Regensburg erwartet, daß die Frau nun unverzüglich aus der Abschiebehaft entlassen wird. »Wir hoffen auf eine positive Entscheidung des Petitionsausschusses oder der ebenfalls involvierten Härtefallkommission«, so ein Sprecher der Gruppe.
Zu Protesten gegen Abschiebungen Minderjähriger wird es auch anläßlich der Innenministerkonferenz in Hamburg am 18. und 19. November kommen. Dort beraten die Landespolitiker über die »Sicherung des Aufenthaltsrechts für integrierte Kinder und Jugendliche nach einem langjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet«.
Einige Innenminister haben im Vorfeld erklärt, eine wesentliche Verbesserung der Bleiberechtsregelung erreichen zu wollen. Doch nach Ansicht von ProAsyl und der »Jugend ohne Grenzen« (JoG) greifen die bisherigen Vorschläge viel zu kurz. »Nur ›nützliche‹ und qualifizierte Jugendliche sollen eine Chance auf ein Bleiberecht erhalten«, so die Organisationen. Parallel zur Innenministerkonferenz protestieren deshalb junge Flüchtlinge und Menschenrechtsorganisationen gegen die deutsche Migrations- und Flüchtlingspolitik (www.2010.jogspace.net). (jW)