Solidarität mit den Flüchtlingen in Bayern

Brief des bundesweiten Netzwerk der KARAWANE für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen

Wir begrüßen die kämpferischen Flüchtlinge in Bayerns Lagern – „in Denkendorf, Hauzenberg, Coburg, Augsburg, Schwabmünchen, und jetzt auch Böbrach und Mainburg“

Wir unterstützen Eure berechtigten Forderungen. Wir sind mit Euch in Solidarität und im gleichen Kampf – gegen das rassistische System der Diskriminierung und Unterwerfung. Ein Baustein davon ist die erniedrigende und noch dazu der Gesundheit abträgliche Essenspaketvergabe in Bayern – wie auch in Baden Württemberg (Flüchtlingsinitiative Biberach berichtet). Die ganze Prozedur, angefangen mit dem Ausfüllen der Bestellscheine, über das Packen, hin zur Lieferung, ist ein System puren Wahnsinns. Dem setzten wir die Forderung nach der Auszahlung von Bargeld entgegen.

Wenn Essenspakete werden an Flüchtlinge normalerweise in Kriegs- und Notstandsgebieten ausgegeben – wenn es denn geschieht. Dies aber in einem der reichsten Länder dieses Planeten zu tun, ist infam. Das Lebensmittelpaket-Sachleistungsprinzip in Bayern – respektive in Baden Württemberg u.a. – ist Flüchtlingen als Bestrafung zugedacht. Als Bestrafung dafür, die Mauern der Festung Europa überwunden zu haben, und jetzt hier zu sein – hier in der Metropole, die die Misere in unseren Heimatländern, vor der wir geflohen sind, zu verantworten hat.

Lebensmittelpakete reihen sich in eine ganze Reihe von Strafmaßnahmen ein: die Isolation in Lagern, die Residenzpflicht und die ganze Palette der im Asylbewerberleistungsgesetz zusammengefassten Erniedrigungen – in ganz Deutschland. Die „Spielregeln“ werden immer weiter zu unseren Ungunsten verschoben. Nur unser ununterbrochener und organisierter Widerstand kann die Richtung ändern. In vielen Lagern fanden bereits Kämpfe statt – mit unterschiedlichen Erfolgen: Eine ganze Reihe von Lagern wurden geschlossen, aber andere bestehen immer noch. Trotzdem hat es fast immer irgendwelche Verbesserungen gegeben. Nur wenn sich der Widerstand nicht dauerhaft gefestigt hat , dann wurden die erreichten Verbesserungen schnell wieder rückgängig gemacht.

Seit dem KARAWANE-Festival in Jena unter dem Motto „vereint gegen koloniales Unrecht“ haben Flüchtlingskomitees aus verschiedenen Lagern in Verbindung mit The VOICE Refugee Forum eine Vernetzung und einen organisierten Austausch begonnen, um den Prozess der Selbstermächtigung und Selbstorganisierung voranzutreiben. So wie ihr jetzt mit großem Einsatz die Probleme selbst angeht. Die Lager müssen weg und auch die Mentalität, die sie hervorbringen und für gut befinden!

Dies ist ein langer und harter Kampf. Schon die Forderungen nach Respekt und nach Rechten werden mit zusätzlichen Schikanen wie z.B. Zwangstransfers in andere Lager beantwortet.  Aber selbst solche Unterdrückungsmaßnahmen können auch das Gegenteil hervorrufen. Der Widerstand wächst– wie ihr gerade demonstriert.

Jeder Kampf ist ein Vorbild, ein Ansporn und eine Hoffnung für weitere Kämpfe. Die Solidarität macht auch das Mittel der Zwangsverlegung zu einer stumpfen Waffe. Sie verhilft dem Kampf zum Erfolg,  Euer Aufstand ist ein Aufstand der Würde und wir werden zusammen dafür kämpfen, dass er weiter geht.

Deutschland, 05.12.2010
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