MinisterpräsidentInnen und Bundeskanzlerin einigen sich auf 2-Klassen-Asylrecht
Balkan-Flüchtlinge sollen direkt aus Erstaufnahmeeinrichtungen abgeschoben werden
Beim gestrigen Treffen der MinisterpräsidentInnen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde die Einführung eines 2-Klassen-Asylrechts beschlossen (s. Beschlussdokument im Anhang). Damit sollen Flüchtlinge „aus Herkunftsländern mit einer relativ hohen Anzahl von Asylsuchenden bei zugleich besonders niedriger Schutzquote“ schneller abgelehnt und abgeschoben werden. In Clustern unter Federführung des Bundes und in enger Zusammenarbeit mit allen Behörden soll „eine maximale Verfahrenseffizienz“ bei optimalem Einsatz der begrenzten Ressourcen erreicht werden. Der Bund hilft dann noch bei den Abschiebungen.
Damit sind zwar die Pläne des Bundesinnenministeriums passé, alle Balkan-Flüchtlinge bundesweit in zwei bis drei Sonderlagern mit 3.000 bis 5.000 Plätzen unterzubringen. Dennoch werden sie in Sonderlagern in Größe der Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE) untergebracht. Da jedoch die Plätze in den EAE nicht für alle Balkan-Flüchtlinge ausreichen, müssen weitere Plätze geschaffen werden. Für diese Cluster genannten Gebilde steht offensichtlich das bayerische System Modell, das im letzten Herbst aus der Not heraus geboren wurde: Den aus allen Nähten platzenden EAEs werden Außenlager zugeordnet, die in ehemaligen Möbelhäusern, Turn- und Lagerhallen und sogar in Eisstadien eingerichtet wurden. In solchen von Sicherheitsdiensten abgeschirmten Sonderlagern sollen nun alle Balkan-Flüchtlinge untergebracht, innerhalb weniger Wochen abgefertigt und wieder abgeschoben werden.
Die Verbesserungen, die die MinisterpräsidentInnen und Kanzlerin Merkel beschlossen haben, nehmen sich dagegen eher mickrig aus: Integrationskurse und ESF-BAMF-Kurse sollen für Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive geöffnet und die Anerkennung von im Herkunftsland erworbener Bildungsabschlüsse erleichtert werden. Die Bundesländer sollen optional die medizinische Versorgung von Flüchtlingen verbessern und Duldungen für die Zeit der Ausbildung erteilen können.
„Es ist erschütternd, mit welcher Leichtfertigkeit Flüchtlinge vom Balkan, unter ihnen ein großer Zahl von Roma, aus dem Asylverfahren herausgedrängt werden. Roma sind die am meisten verfolgte Minderheit in ganz Europa. Obwohl ihre Diskriminierung auf dem Balkan ein Niveau erreicht hat, das ihre Anerkennung nach der Genfer Flüchtlingskonvention aufgrund einer gruppenspezifischen Verfolgung erlauben würde, werden sie nun in Schnellverfahren abgefertigt und zur Ausreise gezwungen“, kritisiert Alexander Thal, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Beschämend ist besonders die Verharmlosung der dafür notwendigen Sonderlager als Cluster. Was gestern von den Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin beschlossen wurde, ist die Fortsetzung der Diskriminierung von Roma mit anderen Mitteln – nicht mit direkten Attacken und gewalttätigen Übergriffen, sondern mit bewusster Ignoranz und der kalten Gründlichkeit der deutschen Bürokratie!“
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