Frontalangriff auf das individuelle Asylrecht
Erste Einschätzung von PRO ASYL zum heute bekannt gewordenen BMI-Entwurf
PRO ASYL kritisiert den heute bekannt gewordenen Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern als Frontalangriff auf das individuelle Recht auf Asyl. Das „Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren“ soll in den nächsten Tagen bereits im Bundekabinett besprochen und bis zur Weihnachtspause im Bundestag verabschiedet sein.
Demnach kann nahezu jeder Asylsuchende einem rechtsstaatlich äußerst bedenklichen Schnellverfahren unterworfen werden. Einer Vielzahl von Asylsuchenden kann vorgeworfen werden, Identitäts- und Reisedokumente mutwillig zu vernichten, falsche Angaben gemacht oder durch Verschweigen wichtiger Informationen über Identität- oder Staatsangehörige getäuscht zu haben. In aller Regel fliehen Flüchtlinge ohne gültige Papiere illegal über die Grenzen. „Ihnen deshalb ein faires Asylverfahren zu verweigern ist ein Frontalangriff auf das individuelle Asylrecht“, wertet Geschäftsführer Günter Burkhardt. In Schnellverfahren können Fluchtgründe nicht ermittelt werden. Rechtsschutz und die Rechtsweggarantie des Grundgesetzes werden de facto unterlaufen.
Die SPD hat zwar die Masseninhaftierung in Transitzonen verhindert. Nun wird das Asylrecht auf kaltem Weg ausgehebelt. Die rechtlichen Folgen sind für die Schutzsuchenden ähnlich.
Die Asylsuchenden sollen in den besonderen Aufnahmeeinrichtungen bleiben. Verletzt ein Asylsuchender die Pflicht, sich dort aufzuhalten, sieht das Gesetz vor, dass sein Asylantrag als zurückgenommen gilt. „Verstöße gegen die Residenzpflicht dürfen nie und nimmer zum Ausschluss vom Asylverfahren führen“, kritisiert Günter Burkhardt. Wer derzeit als Asylsuchender durch Deutschland reist, um Angehörige zu sehen, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Die vorgesehene Sanktionierung der Einstellung des Asylverfahrens ist schlicht unverhältnismäßig. Dem Betroffenen droht die Abschiebung ins Herkunftsland, wo ihm womöglich Folter und andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.
Weit über die ohnehin problematischen Beschlüsse der Regierungskoalition vom 5. November hinaus wird der Familiennachzug de facto auf Jahre hinaus verhindert. Neu eingeführt wird für Menschen, die subsidiär geschützt sind, eine zweijährige Wartefrist. In der Praxis bedeutet dies jedoch, dass Familien de facto nahezu fünf Jahre lang getrennt sein werden: Bis zur Entscheidung eines Asylantrags kann ein Jahr vergehen. Nach der Entscheidung ist nun eine gesetzliche Wartefrist von zwei Jahren vorgesehen. Angesichts der Visaterminvergabe in deutschen Botschaften ist mit einer in der Regel mehr als einjährigen Wartezeit für einen Termin zu rechnen. Anschließend erfolgt eine oft monatelange Überprüfung der Echtheit der vorgelegten Dokumente. De facto will das Bundesinnenministerium hiermit das Grundrecht als Familie zusammenzuleben für Kriegsflüchtlinge aushebeln.
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