NATO-Einsatz gegen Flüchtlinge
Presseerklärung 11. Februar 2016 | Die Menschenrechtsorganisation PRO ASYL warnt anlässlich des geplanten Einsatzes der NATO in der Ägäis vor einem Bruch der Menschenrechte von Flüchtlingen. Auf Ablehnung stoßen der diskutierte Militäreinsatz in der Ägäis und die Einstufung der Türkei als sogenannter sicherer Drittstaat. Die vorgesehene Ausspähung der Ägäis durch die NATO und die Weitergabe von Daten in die Türkei ist perfide. „Dies ist Beihilfe zur Aushebelung des Asylrechts. Die EU will, dass die Fluchtwege durch die Türkei geblockt werden. Dies ist die Aushebelung des Flüchtlingsrechts auf kaltem Weg“, so Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL. Um dem den Anschein der Legalität zu verleihen, soll die Türkei als „sicherer Drittstaat“ eingestuft werden.
Dies wird zu Menschenrechtsverletzungen führen. Ziel sind illegale Zurückweisungen und Push Backs in die Türkei. Die Türkei ist kein sicherer Drittstaat. Schutzsuchenden, die in die Türkei zurückgewiesen werden, drohen dort Menschenrechtsverletzungen bis hin zur willkürlichen Inhaftierung und Abschiebung in die Krisenregionen, z.B. Syrien und Irak. Die Türkei hat die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) zwar ratifiziert, behält aber bis heute den sogenannten geographischen Vorbehalt bei: Nur Schutzsuchende aus Europa können von der Türkei selbst als Flüchtlinge anerkannt werden. Alle anderen haben in der Türkei keine Aussicht auf einen Flüchtlingsstatus, keine soziale Unterstützung, kaum Zugang zum Arbeitsmarkt oder zum Gesundheitssystem.
Die Türkei kann kein „sicherer Drittstaat“ sein, denn diese Einstufung kann nur bei Staaten vorgenommen werden, in denen die Genfer Flüchtlingskonvention uneingeschränkt gilt. Entscheidend ist die Ratifikation der GFK und die Beachtung des Refoulement-Schutzes (Art. 38 Abs. 1 Buchst. c) RL 2013/32/EU). Ferner muss die Möglichkeit gewährleistet sein, die Anerkennung als Flüchtling nach der GFK zu erlangen (Art. 38 Abs. 1 Buchst. e) RL 2013/32/EU). Da der geographische Vorbehalt besteht, erfüllt die Türkei diese Bedingung nicht.
Das Konzept der EU ist realitätsfern. Eine Staatengemeinschaft mit 550 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern will einem anderen Staat, der bereits 2,5 Mio. syrische Flüchtlinge aufgenommen hat, die alleinige Verantwortung für den Flüchtlingsschutz aufbürden. Die EU appelliert an die Türkei, die Grenze zu Syrien für Flüchtlinge zu öffnen, während sie selbst die Grenzschließung vorbereitet.
PRO ASYL wirft der EU vor, den kollektiven Ausstieg aus dem Flüchtlingsschutz vorzubereiten. Weil die EU keine solidarische Lösung untereinander findet, soll nun die Türkei zum Flüchtlingslager Europas werden. Deshalb soll sie als „sicherer Drittstaat“ eingestuft werden.