Ein Stellungnahme von PRO ASYL mit der Aufforderung die Informationen weiter zu verbreiten!
Liebe Flüchtlingsunterstützer*innen, liebe Aktivist*innen, viele von Euch haben in den letzten Jahren Schutzsuchenden in Deutschland aktiv geholfen. Oft ging es dabei um die Verhinderung von Dublin-Abschiebungen innerhalb Europas.
Die bisherige Dublin-III-Verordnung, der zufolge in der Regel der Staat der Erstregistrierung für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig ist, hat dazu geführt, dass Geflüchtete in Staaten abgeschoben werden, in denen ihnen zum Teil menschenunwürdige Aufnahmebedingungen, willkürliche Inhaftierungen oder sogar Folter drohen (z.B. in Griechenland, Bulgarien und Ungarn). Nicht zuletzt durch entschlossene Interventionen und die engagierte Hilfe aus der Zivilgesellschaft war es bislang immer wieder möglich, diese inhumanen Dublin-Abschiebungen zu verhindern.
- Abschaffung von verbindlichen Fristen: Bislang enthält die Dublin-III-Verordnung verbindliche Fristen, innerhalb derer der Staat, in dem sich ein Asylsuchender aufhält, die Abschiebung in einen anderen Mitgliedstaat durchführen muss. Gelingt es bspw. Deutschland nicht, eine Dublin-Abschiebung nach Italien als dem für das Asylverfahren zuständigen Mitgliedstaat innerhalb von (normalerweise) sechs Monaten durchzuführen, muss Deutschland das Asylverfahren selbst durchführen und darf die betroffene Person nicht mehr nach Italien abschieben. Genau diesen Zuständigkeitswechsel nach Fristablauf, der Zehntausenden Asylsuchenden, denen eine Abschiebung in einen EU-Staat mit untauglichem oder fast nicht existentem Aufnahmesystem drohte, viel Leid erspart hat, will die EU nun ersatzlos abschaffen. Das bedeutet, dass sämtliche Interventionen aus der Zivilgesellschaft, die auf einen Fristablauf abzielen, in Zukunft ins Leere laufen werden: Kirchenasyl ist nicht mehr möglich, die Verhinderung einer Abschiebung wird nichts mehr bringen. Auch die Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche hat deswegen schon mit einer Postkartenaktion auf die geplante Dublin-Reform reagiert:http://www.kirchenasyl.de/portfolio/postkartenaktion-dublin-iv-stoppen/
- Beschränkung des Selbsteintrittsrechts: Bei aller Kritik an Dublin-III war es bisher zumindest möglich, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bei bestimmten Flüchtlingsgruppen auf eine Abschiebung verzichtet. So hat das BAMF in der Vergangenheit immer wieder bei besonders schutzbedürftigen Geflüchteten (z.B. traumatisierte Menschen, denen die Abschiebung nach Bulgarien drohte) von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch gemacht und das Asylverfahren in Deutschland durchgeführt. Auch diese Möglichkeit, mit der besonders schutzbedürftige Asylsuchende vor einer Abschiebung in inhumane Verhältnisse bewahrt werden konnten, will die EU streichen. Die Anwendung des Selbsteintrittsrechts soll nur bei bestehenden familiären Verbindungen möglich sein. Ebenfalls ausgeschlossen wäre in der Zukunft dann eine Entscheidung, wie sie die Bundesregierung im Sommer 2015 getroffen und syrischen Geflüchteten aus Ungarn die Aufnahme in Deutschland ermöglicht hat. Humanitäre Spielräume werden damit abgeschafft.
- Abschiebung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (UMF): UMFs sind bisher von Dublin ausgenommen. Der Entwurf der Dublin-IV-Verordnung sieht nun vor, dass auch sie in Zukunft wieder in den für sie zuständigen Staat abgeschoben werden sollen.
- Einschränkung von sozialen Leistungen: Damit Schutzsuchende möglichst in dem für sie zuständigen Staat bleiben, will die EU-Kommission eine Weiterwanderung in andere Mitgliedstaaten mit Dublin-IV hart sanktionieren. So sollen Asylsuchende, die sich nicht im Staat ihrer Zuständigkeit aufhalten, keinen Anspruch mehr auf soziale Leistungen erhalten. Medizinische Hilfe soll nur noch im Notfall geleistet werden. Das Ziel ist klar: Durch den Ausschluss von sozialen Leistungen sollen Asylsuchende faktisch gezwungen werden, „freiwillig“ den Staat ihres tatsächlichen Aufenthalts zu verlassen.