Vor allem auch Baden-Württemberg schiebt trotz Ausbildungsvertrag ab
Flüchtlinge, die eine Ausbildung beginnen, sollen eine Garantie dafür haben, die Lehre beenden und danach zwei Jahre arbeiten zu können. Unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus. Das wurde mit der ‚3+2-Regelung‘ im Asylpaket II beschlossen. Nun kommt es vor allem in den südlichen Bundesländer, und damit auch im GRÜNEN-CDU regierten Baden-Württemberg immer wieder zu Abschiebungen obwohl ein Ausbildungsvertrag unterschrieben wurde bzw. eine Ausbildung kurz bevor stand. Politisch betrachtet ist dieser Diskurs zwischen Industrie, Politik und Behörden interessant, der sich irgendwo zwischen Neoliberalisierung des Flüchtlingsrechts, nationaler Reaktion auf die Einwanderung incl. Abschottung und einem Bleiberecht aus wirtschaftlichen Gründen befindet.
25.04.2017 Bericht von ntv | „Auch Flüchtlinge, die sich um einen Ausbildungsplatz bemühen, sind nicht vor der Abschiebung geschützt.
Wer als Flüchtling nach Deutschland kommt, muss die Abschiebung befürchten. Auch wenn er bereits einen Ausbildungsvertrag in der Tasche hat. Viele Arbeitgeber sind empört und halten die Abschiebepraxis für rechtswidrig.
In Deutschland werden trotz des neuen Integrationsgesetzes weiter Flüchtlinge abgeschoben, die einen Ausbildungsplatz sicher oder eine Ausbildung begonnen haben. Viele Arbeitgeber sind deshalb empört und verunsichert, ob sie geflüchtete junge Menschen einstellen sollen. Dies ergab eine Umfrage der Süddeutschen Zeitung.
Wirtschaftsverbände und die Bundesagentur für Arbeit fordern, diese möglicherweise rechtswidrige Abschiebepraxis endgültig zu beenden. „Leider hören wir nach wie vor von unseren Handwerksbetrieben, dass Flüchtlinge trotz gültigem Ausbildungsvertrag oder während eines Praktikums abgeschoben werden“, sagte Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, der Zeitung. Dies gelte vor allem für die südlichen Bundesländer. „Die Handwerker, die sich mit jungen Flüchtlingen bisher große Mühe geben, sind dadurch sehr verunsichert“, kritisierte der Handwerkspräsident. Afghanen seien besonders betroffen, gerade sie würden im Handwerk aber als lernbegierig und zuverlässig gelten. Die Handwerksbetriebe, die Fachkräfte brauchen, erwarteten hier mehr Rechtssicherheit, um besser planen und ihr Engagement bei der Ausbildung auch umsetzen zu können, sagte Wollseifer.
Eigentlich sollen auch Asylbewerber, über deren Bleiberecht noch nicht entschieden wurde, während der Lehrzeit die Sicherheit haben, hier bleiben zu dürfen. So ist es seit August 2016 im Integrationsgesetz geregelt. Darin ist auch festgelegt, dass solche Flüchtlinge für zwei weitere Jahre ein Aufenthaltsrecht haben, wenn sie nach der dreijährigen Ausbildung weiterbeschäftigt werden. Doch daran halten sich offenbar nicht alle Ämter.
Integration ist in Gefahr
„Unternehmen berichten, dass Ausländerbehörden gerade die ‚3+2-Regelung‘ für Auszubildende unterschiedlich auslegen. Die Ministerpräsidenten sollten sicherstellen, dass das Recht bundesweit einheitlich angewandt wird“, sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. „Wir laufen sonst Gefahr, dass Unternehmen davor zurückschrecken, Asylbewerber oder Geduldete auszubilden“. Das erschwere deren Integration in den Arbeitsmarkt.
Genauso sieht es Detlef Scheele, Chef der Bundesagentur für Arbeit: „Wenn ein Ausbildungsvertrag geschlossen wird, und der wird immer vor Beginn einer Ausbildung geschlossen, manchmal auch Monate vorher, müsste eigentlich der Abschiebeschutz gelten. So verstehen wir die gesetzliche 3+2-Regelung“, sagte er. Der Arbeitgeber müsse sich wie der Azubi darauf verlassen können, dass der Ausbildungsvertrag auch tatsächlich realisiert wird.
Trotzdem sei es laut den Berichten der Regionaldirektionen vor allem in Bayern, Baden-Württemberg und in Sachsen zu Abschiebungen gekommen oder es sei eine Arbeitserlaubnis erst gar nicht erteilt worden. Das habe auch in angrenzenden Bundesländern „zu einer Verunsicherung geführt, ob man überhaupt Menschen, die keinen gesicherten Status als Asylbewerber haben, ausbilden kann“, sagte Scheele. Dies sei für den Arbeitsmarkt aber „nicht zielführend“.