Abschiebung trotz eingegebenen Härtefallantrag

„Kritik an Ausländerbehörde nach Abschiebung“

Der NDR berichtet am 17.08.2017 | „In Kirchbarkau (Kreis Plön) haben am Donnerstag etwa 70 Menschen gegen die Abschiebung einer Familie nach Albanien demonstriert. Das Ehepaar und deren vier Kinder wurden am Montagabend von Polizisten abgeholt und anschließend zurück in ihr Heimatland gebracht. Die Ausländerbehörde des Kreises hatte die Abschiebung durchgesetzt, ohne das Votum der Härtefallkommission abzuwarten. Der Kreis hatte außerdem versäumt, dieser Kommission die Akte der Familie zuzuschicken. Das hat die Ausländerbehörde nach Angaben eines Kreissprechers am Donnerstag nachgeholt.“ Mehr Informationen.

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Brief von Tanja Henning an die Bundeskanzlerin Angela Merkel

Liebe Frau Merkel

Ich wohne in dem kleinen Ort Kirchbarkau in Schleswig-Holstein . Auch bei uns sind Flüchtlinge untergebracht. Unter anderem auch eine albanische Familie, Familie C., mit 4 Kindern. Nun drohte der Familie die Abschiebung. Parallel wurde ein Härtefallantrag aufgrund der gesundheitlichen und psychischen Verfassung der Eltern gestellt. Die Entscheidung der Kommission stand noch aus. Der Familie war klar, dass sie gehen muss wenn die Entscheidung negativ ausfällt. Das stand nie zur Debatte.
Nun war mein 9 jähriger Sohn am Montag (14.8.2017) zum Übernachten bei den Beiden Jungs der Familie. Er kam abends gegen halb 9/ 9 alleine mit Sack und Pack nach Hause und konnte vor lauter Tränen kaum ein Wort sagen. Er wurde von der Polizei nach Hause geschickt. Da haben wir 1 und 1 zusammengezählt und sind zu den Cs. Dort war bereits alles mit Polizei abgeriegelt. Die Familie sollte abgeholt werden. Der Herr F. von der Ausländerbehörde in Plön hat jegliche Gespräche abgeblockt. Er wisse von einem Härtefallantrag nichts. So musste die Familie in knapp 1,5 Stunden ihr Leben einpacken. Es waren Freunde der Familie und Freunde der Kinder vor Ort. Keiner durfte sich verabschieden. Die Familie würde von der Polizei abgeschirmt. Es wurden sogar Kräfte nachgefordert. Obwohl alle friedlich waren und die Familie kooperativ. Sie wurden wie Kriminelle zu den Autos gebracht. Die Mama mit den Mädchen in einen Bus, der Papa mit den Jungs in einen anderen. Einer Deportation gleich. Das seelische Leid war allen ins Gesicht geschrieben. Besonders die Kinder hat es stark getroffen. Wir konnten nur zusehen wie sie weggebracht wurden. Uns wurde gesagt für 1 bis 2 Tage nach Boostedt.

Meine Tochter hatte Kontakt mit der einen Tochter der Cs. Sie schrieb uns nachts ganz aufgeregt, dass sie um 1 Uhr gleich weiter gebracht werden nach Leipzig und mittags um 12 der Flieger nach Tirana geht.
Der Vormittag wurde genutzt die Kommission zu erreichen. Die gab Auskunft darüber, das sie die Unterlagen der Familie vom Amt angefordert hätte und darauf warten würde.
Am späten Vormittag räumte das Amt ein einen Bearbeitungsfehler begangen zu haben und zog die Abschiebung zurück. Da befand sich der Flieger bereits in der Luft. Daraufhin wurde gesagt, dass damit die Abschiebung vollzogen ist und nicht rückgängig gemacht werden kann. Wir sind fassungslos und entsetzt!

Zur Familie:
Sie leben seit ca 2,5 Jahren hier. Sie haben sich mit Hilfe der Leute aus unserem Ort sehr um Integration bemüht. Deutschkurse belegt, und bei einer pensionierten Lehrerin aus dem Ort Deutschunterricht genommen. Vater als Fahrer bei einem Fuhrunternehmen im Nachbarort gearbeitet. Die Mutter, je nachdem wie es ihre Verfassung zugelassen hat, hat in unseren genossenschaftlich geführtem Dorfladen geholfen. Die Kinder aktiv im Sportverein, den Pfadfindern, der Jugendfeuerwehr. Und alle mit guten bis sehr guten Ergebnissen auf der Regelschule. Akzentfreies Deutsch der Kinder und sehr höflich. Der Vater hätte eine Lehrstelle bei CITTI Chefs Culinar als Lagerist bekommen können. Die grosse Tochter, jetzt den Hauptschulabschluss in der Tasche wollte ein FSJ im Altenheim machen und dann eine Ausbildung dort beginnen. Dies alles wurde nicht berücksichtigt. Wieviel mehr integrieren kann man noch?

Können wir noch irgendetwas tun? Wir fühlen uns machtlos. Es gibt die Gesetzte und ich weiss, dass Albanien als sicher erklärt wurde. Dennoch gibt es doch kein Schema F. Man muss auch mal genauer hinsehen wenn man über menschliche Schiksale entscheidet!!

Tanja Hennig