Schranken gefallen – Sachsen schiebt ohne Skrupel in den Krieg ab
Pressemitteilung 26. Juli 2018 | „Neben Bayern und Mecklenburg-Vorpommern ist Sachsen das einzige Bundesland, welches ohne Einschränkungen nach Afghanistan abschiebt. Drei der 69 im Juli nach Afghanistan Abgeschobenen kamen aus Sachsen. Einer von ihnen wurde aus einem Leben herausgerissen, welches er sich mit Mühe aufgebaut hatte, einer litt an psychischen Erkrankungen. Sachsens Landesregierung zeigt damit: jegliche, mögliche Härte muss gegen Geflüchtete angewendet werden, den Appellen von Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbänden und Kirchen zum Trotz.
„Integration ist das Mantra, dass Geflüchteten von Seiten der Politik entgegenschallt. Seit Jahren. Wie viele Geflüchtete sind diesem politisch verordneten Ziel nachgekommen, allein schon aus reinem Eigeninteresse, und wurden dennoch abgeschoben? Was Menschen, die aus den Westbalkanstaaten flohen, schon lange traf, das gilt nun auch für Menschen aus Afghanistan: sie können sich nicht darauf verlassen, dass ihre Bemühungen von der Politik anerkannt werden.“ kommentiert Mark Gärtner vom SFR die veränderte Abschiebungspraxis Sachsens nach Afghanistan. „Wer arbeitet, eine Lebenspartnerin gefunden hat, Deutsch spricht – der ist hier angekommen.“ Der junge Mann kam aus Wurzen im Landkreis Leipzig. Das Leben, dass er dort vorfand, sich aufbaute und nun verloren hat, war eines in Frieden und Sicherheit. Das Leben, das er nun, zurück in Kabul, vorfindet, beschrieb er im gestern ausgetrahlten Beitrag von MDR exakt mit „Ich habe hier Angst.“ SFR und der im Landkreis Leipzig operierende Bon Courage e.V. verurteilen die verschärfte Abschiebepraxis. Drei der 69 im Juli nach Afghanistan abgeschobenen Menschen kamen aus Sachsen. Neben dem Betroffenen aus Wurzen traf es eine zweite Person aus dem Landkreis Zwickau. Er war psychisch erkrankt. Einen Kontakt zu ihm konnten die Journalist*innen des MDR herstellen. Er erzählt von „Bomben, Taliban. Jeden Tag.“ Der dritte wurde aus einer Justizvollzugsanstallt aus dem Landkreis Bautzen abgeschoben. „Alle drei hätten nie im Leben in das Kriegsgebiet rückgeführt werden dürfen. Spricht der Lagebericht des Auswärtigen Amtes doch eine eindeutige Sprache.“ so Gärtner weiter.
Alle bisher verbliebene Menschlichkeit ist aus der CDU gewichen – die SPD muss nun aufstehen
Sachsen hatte bis zur Sammelabschiebung nach Afghanistan Anfang Juli zwei Menschen aus Justizvollzugsanstalten abgeschoben. Sächsische Politik und Verwaltung übten sich in Zurückhaltung, wenn es um Abschiebungen in das Kriegsgebiet geht. Spuren von Menschlichkeit in der CDU Sachsen ließen sich noch im September 2017 im Landtag hören. Die Entwicklungen in Afghanistan halte er für „bedenklich“ so der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Christan Hartmann (siehe Seite 5496 im Plenarprotokoll). Bedenken, die der Ende Mai veröffentlichte Lagebericht des Auswärtigen Amtes untermauerte. Die häufig angeführten Gründe für die Ablehnung afghanischer Asylantragsteller*innen, sie hätten sich in andere Teile des Landes begeben können, waren beispielsweise nicht mehr haltbar. Zu gefährlich sei es, sich von einem Ort zum anderen zu bewegen. „Die sächsische Landesregierung ignoriert selbst die Expertise des SPD-geführten, Auswärtigen Amts. Wenn Abschiebung die Kehrseite der Integration ist, dann sollte Petra Köpping als sächsische Staatsministerin für Gleichstellung und Integration am Kabinettstisch auf die Barrikaden gehen. Es sind auch ihre Bemühungen, die hier über den Haufen geworfen werden.“ meint Gärtner.
SFR, Bon Courage e.V. und alle weiteren Asylberatungsstellen in Sachsen werden nun die Beratung afghanischer Schutzsuchender an die neue Lage anpassen müssen. Diejenigen, die unsicher sind, ob sie beziehungsweise von ihnen unterstützte Geflüchtete betroffen sind, sollten eine der lokalen Asylberatungsstellen in Sachsen aufsuchen. Informationen zur mobilen Beratung des Flüchtlingsrats in Bautzen und Pirna hier. Warnhinweise und Informationen gegen Panik hat der Bayerische Flüchtlingsrat e.V. hier veröffentlicht.“
Kontakt
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