Bis morgen Mittwoch wird in Pforzheim vor dem Abschiebegefängnis gegen die Abschiebung nach Sri Lanka protestiert
Radio Dreyeckland 29.03.2021 | DIE LINKE Karlsruhe 30.03.2021 | SWR | nd-nachrichten | Bruchsal | Vom 07. bis 09. Juni 2021 gibt es vor der Abschiebehafteinrichtung in Pforzheim Protest gegen Abschiebungen nach Sri Lanka und Afghanistan. Initiiert wurde der Protest vom Internationalen Menschenrechtsverein Bremen. Bereits ab 14 Uhr wurde am Montag mit einem kleinen Protestcamp im Ostpark, der sich in der Nähe des Abschiebegefängnisses befindet, begonnen.
Am Montag den 07.06. kam es zu einer spontanen Kundgebung vor dem Abschiebegefängnis an der sich etwas mehr als 70 Personen beteiligten. Neben Redner*innen des Internationalen Menschenrechtsvereins Bremen sprachen noch Vertreter*innen des Antirassistischen Netzwerk Baden-Württemberg und vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg.
Redner*innen, die jüngst mit einer Delegation in Sri Lanka waren, berichteten über die Menschenrechtslage in Sri Lanka. Gesprochen hat die Delegation mit knapp 30 Personen aus den unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen. Alle berichteten von täglicher Schikane, Kontrollen und Beobachtungen durch das Militär. Sri Lanka hat die höchste Militarisierungsrate weltweit. So kommt es in einem Distrikt zu einem Verhältnis ein Soldat pro ein*e Bewohner*in. Generell liegt das Verhältnis im Norden bei einem Soldat auf vier Bewohner*innen. Zur aktuellen Menschenrechtssituation für die tamilische und muslimische Minderheit in Sri Lanka gibt es dazu ein ausführliches Interview bei Radio Dreyeckland 07.06.2021.
Eine Rednerin des Antirassistischen Netzwerk sprach sich für die Schließung des Abschiebegefängnis in Pforzheim aus, forderte eine Ende der Abschiebungen und sichere Zugangswege für Geflüchtete. Gleichfalls forderte ein Vertreter des Flüchtlingsrat Baden-Württemberg ein Ende der Abschiebungen und die Schließung der Abschiebehaft in Pforzheim.
Aus der Presseerklärung des Flüchtlingsrat: „Seán McGinley, Geschäftsführer des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg erklärt dazu: „Wir hatten gehofft, dass die neue Landesregierung nach den Protesten und den abgesagten Abschiebungen im März eine Neubewertung der Menschenrechtslage der Tamil*innen in Sri Lanka vornimmt. Eine solche hat die UN-Menschenrechtsbeauftragte Michelle Bachelet empfohlen, nachdem ihr Bericht im Januar dieses Jahres festgestellt hatte, dass eine massive Militarisierung des Landes stattgefunden hat, dass es zu Todesfällen in Polizeihaft gekommen ist, und dass es glaubwürdige Berichte über erneute Entführungen, Folter und sexualisierte Gewalt durch Sicherheitskräfte gibt. Doch eine solche Neubewertung hat offensichtlich nicht stattgefunden. Unter diesen Umständen sind Verunsicherung und die Angst in der tamilischen Community verständlicherweise sehr groß. Wir fordern deshalb die Landesregierung von Baden-Württemberg und die Innenminister*innen, die sich in zwei Wochen im baden-württembergischen Rust treffen, dazu auf, einen Abschiebestopp für Tamil*innen aus Sri Lanka zu erlassen.“
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Einige Informationen zu Abschiebungen und Abschiebegefängnis in Pforzheim
Die Einrichtung des Abschiebegefängnis in Pforzheim wurde ohne Gegenstimme im Stuttgarter Landtag beschlossen. Am 1. April 2021 existierte das Gefängnis bereits 5 Jahre. Laut Landtagsdrucksachen von Baden-Württemberg wurden bis in das Jahr 2019 mehr als 1.700 Geflüchtete aus der Abschiebehaft Pforzheim abgeschoben. Die durchschnittliche Haftdauer lag 2019 bei fast 30 Tagen. Ein Tag Haft kostet 312,15 €. Das sind in 30 Tagen 9.364 €. Der Betrag wird den Inhaftierten in Rechnung gestellt. Ende 2021 wird es in Pforzheim 80 Haftplätze geben. Die Abschiebungen werden also weiter gehen! Dazu gibt es den neuen Beruf: „Beamtin oder Beamte im mittleren Abschiebungshaftvollzugsdienst“. Die Ausbildung findet auch im Abschiebegefängnis Pforzheim statt. Seit dem die GRÜNEN in Baden-Württemberg den Ministerpräsidenten stellen hat es in Baden-Württemberg über 20.000 Abschiebungen gegeben. Und laut neuem Koalitionsvertrag wird die GRÜNE/CDU-Regierung an der Abschiebehaft Pforzheim festhalten. Für die Beantragung zur Inhaftierung in der Abschiebehaft ist in Baden-Württemberg das Regierungspräsidium Karlsruhe zuständig. Dort befindet sind in Baden-Württemberg, nach einem Beschluss der ehemaligen CDU/FDP-Regierung, die zentrale Abschiebebehörde für Baden-Württemberg.
Nach aktuellen Informationen des Rechtsanwaltes Fahlbusch aus Hannover, der über 2.000 Mandant*innen in der Abschiebehaft vertreten hat, ist bekannt, dass fast 50 Prozent also 1.023 Personen rechtswidrig in Abschiebehaft waren. Alle zusammen waren 27.191 Tage rechtswidrig eingesperrt. Das sind auf Jahre umgerechnet 74,5 Jahre!