Die Abschiebehaft ist Teil eines Abschiebeapparates, der maßgeblich dazu beiträgt, die Anliegen der Flucht zu diskreditieren und zu kriminalisieren.
Am 13. Mai 2017 ruft das AntiRA-Netzwerk Baden-Württemberg zum Protest nach Pforzheim auf. Demonstriert wird gegen das Abschiebegefängnis in Pforzheim, in dem nur Migrant.innen inhaftiert werden.
Bis 2018 soll es in Pforzheim 80 Haftplätze geben. Dann sollen auch Frauen und selbst Familien1 inhaftiert werden. Kosten für den Umbau der ehemaligen Jugendstrafanstalt: 8 Millionen €. Jährlicher Unterhalt: 7,8 Millionen €.2 Das wäre pro Tag und Haftplatz 267 €. Kosten die den Betroffenen in Rechnung gestellt werden. Die Abschiebehaft ist Teil eines Abschiebeapparates, der maßgeblich dazu beiträgt, die Anliegen der Flucht zu diskreditieren und zu kriminalisieren. Menschen, die u.a. lange Jahre hier leben, werden plötzlich von der gesellschaftlichen Teilhabe und Rechten ausgegrenzt. Sie werden zu Unerwünschten. Bei Behörden, in der Schule, am Arbeitsplatz oder zu Hause werden sie festgenommen und in Pforzheim eingesperrt.
1938 wurde die Verhängung der Abschiebehaft in der Ausländerpolizeiverordnung, die im Kontext der Kriegsvorbereitungen zu sehen ist, erstmals geregelt: „Zur Sicherung der Abschiebung kann der Ausländer in Abschiebungshaft genommen werden“. Am 28. Oktober 1938 kam es dann zur ersten Zwangsausweisung von JüdInnen des Dritten Reiches.3 Die Ausländerpolizeiverordnung galt bis 1965. Im Jahr 1990 wurde die maximale Dauer der Abschiebehaft auf 18 Monate erhöht. 1992 wurde mit dem Bau der ersten bundesdeutschen Abschiebehaftanstalten begonnen, die in den Folgejahren wie Pilze aus dem Boden schießen. Inzwischen ist das deutsche Abschiebehaft-Know How zum Exportschlager avanciert. 2014 hat der Europäische Gerichtshof die Abschiebehaftpraxis in Deutschland gestoppt. Nun werden nach den Vorgaben des EuGH wieder welche eingerichtet.
Die Abschiebehaft wurde durch die Asylpakete I und II forciert. Mit dem »Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht«4 sollen die Haftgründe erweitert werden. Personen, denen eine fehlende Mitwirkungspflicht bei der Ausreise unterstellt wird, sollen überraschend abgeschoben werden können, ohne vorherige Ankündigung. Weiterhin soll die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams auf 10 Tage erhöht werden. Mit dem Ausreisegewahrsam wird ohne die übliche rechtsstaatliche Prüfung einzelner Haftgründe eine Abschiebehaft angeordnet.
Abschiebungen nach Afghanistan, Gambia, Nigeria sowie in andere Länder werden abgelehnt. Immer wieder werden Roma über Pforzheim abgeschoben. Abschiebungen von Roma in die Perspektivlosigkeit, prekären Lebensverhältnisse und struktureller Diskriminierung verurteilen wir. Die fast wöchentlich stattfindenden Sammelabschiebungen vom Baden-Airpark müssen eingestellt werden. Einer Politik und Gesetzgebung, die immer mehr Menschen aus unserer Mitte ‚illegalisiert‘ und sie damit ohne rechtliche Ansprüche aus dem Gesellschaftssystem ausgrenzt, wird eine Absage erteilt. Die Zuwanderung in unser Gesellschaftssystem ist eine Bereicherung und eine Erfolgsgeschichte. Bilder von Geflüchteten die suggerieren, sie wollten einem was wegnehmen sind gewollt und falsch. Migrant.innen leisten ihren gesellschaftlichen Beitrag, wenn die rechtlichen Möglichkeit gegeben ist. Viele von ihnen sind bereits in der Mitte der Gesellschaft angekommen.
Wir fordern die Beseitigung der Abschiebehaft!
Stopp aller Abschiebungen!
*Die Informationen hat Gerhard Brändle aus Pforzheim zusammengetragen.
1http://www.rnz.de/politik/suedwest_artikel,-Ein-Knast-der-keiner-sein-soll-Die-Abschiebehafteinrichtung-in-Pforzheim-_arid,239952.html