„Abschiebepolitik“ in der Krise? 40 Prozent der geplanten Abschiebungen fanden aus unterschiedlichen Gründen nicht statt
Solidarität mit den Betroffenen wächst! Stoppt die Abschiebungen!
Wer heute noch legal hier lebt, kann morgen schon als „illegal“ und damit als ein definiertes „Sicherheitsrisiko“ gelten. So das Verständnis administrativer Migrations-Politik. Familien, alleinstehende Mütter mit Kindern und Einzelpersonen werden wegen politischen und juristischen Entscheidungen plötzlich wie Straftäter behandelt, obwohl keine Straftat vorliegt. Sie werden zur polizeilichen Fahndung ausgeschrieben, wenn sie bei einer angeordneten Abschiebung nicht anwesend waren. Personen die in Arbeit sind, Kinder die eine Schule oder einen Kindergarten besuchen, Jugendliche die kurz vor einem Ausbildungsplatz stehen, alle die dabei sind sich einen neuen Lebensmittelpunkt hier aufzubauen, die Teil dieser Gesellschaft geworden sind, sehen sich plötzlich mit einer ausgrenzenden Ausländerverwaltung und Polizei konfrontiert.
Hintergrund ist die über Jahrzehnte geschaffene und eingeübte administrative und polizeiliche Abwehr von Migratinn*en und Geflüchteten, die das gesellschaftliche Klima beeinflusst und die Gesellschaft spaltet. Seit 2014, nach der Einstufung verschiedener Balkanländer zu sicheren Herkunftsländern“, kommt es zu tausendfachen Abschiebungen vom Flughafen Karlsruhe Baden-Baden nach Serbien, Mazedonien, Kosovo und Albanien. Wenngleich auch die Hürden für eine Wiedereinreise in die Schengen-Staaten hoch sind, reisen vor allem Roma nach ihrer Abschiebung erneut in die Länder der EU ein. Vor allem in den Wintermonaten kommen viele zum überwintern. Sie stellen einen Asylfolgeantrag. Andere kommen als Touristen und bleiben unerkannt. Sie sind die großen Verlierer der Balkankriege und der gesellschaftlichen Umbrüche in den Ländern des Balkans. Hinzu kommt die strukturelle Diskriminierung mit denen Roma in den einzelnen Ländern konfrontiert sind. Abschiebungen und Abschiebungshaft von Geflüchteten in den Balkan erweisen sich grundsätzlich als untaugliche Mittel zuwanderungspolitischer Steuerung.
Wir haben 99 Sammelabschiebungen vom Flughafen Karlsruhe Baden-Baden untersucht und sind zu folgenden Ergebnissen gekommen:
Sammelabschiebungen Kosovo, Albanien, Serbien und Mazedonien
In den Kosovo fanden zwischen dem 18.02.2016 und dem 11.06.2018 insgesamt 29 Sammelabschiebungen statt. Nach Albanien waren es zwischen dem 26.11.2015 und dem 07.05.2018 insgesamt 22 Sammelabschiebungen. Nach Serbien und Mazedonien gab es zwischen dem 25.02.2016 und dem 28.05.2018 insgesamt 29 Sammelabschiebungen. In der Summe sind das 80 Sammelabschiebungen. Unter den Abgeschobenen befanden sich viele Roma.
- Sammelabschiebungen Serbien und Mazedonien
- Sammelabschiebungen nach Pristina
- Sammelabschiebungen nach Albanien
99 Sammelabschiebungen seit 8. Juli 2014
Nach eigenen Recherchen und Angaben des Regierungspräsidiums Karlsruhe fanden zwischen 08.07.2014 und dem 07.05.2018 insgesamt 99 Sammelabschiebungen statt. Uns liegen alle Daten vor. Es gab jedoch mehr Sammelabschiebeflüge als von uns aufgeführt. .
33 Prozent der Abgeschobenen sind Kinder unter 14 Jahre
Nach den von uns erfassten Daten wurden zwischen dem 8. Juli 2014 und dem 7. Mai 2018 etwa 2000 Kinder bis 14 Jahre vom Flughafen Karlsruhe Baden-Baden in die Länder des Balkan abgeschoben. Das entspräche etwa 33 Prozent der Personen die abgeschoben wurden. Nicht extra aufgeführt sind minderjährige Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahre alt. Dadurch erhöht sich die Zahl der Abschiebungen von Minderjährigen in Richtung 40 Prozent.
40 Prozent der abzuschiebenden Personen wurden aus unterschiedlichen Gründen nicht abgeschoben
Für 44 Sammelabschiebungen liegen uns Zahlen über geplante und tatsächliche Abschiebungen vor. Insgesamt sollten 3.906 Personen abgeschoben werden, tatsächlich wurden jedoch nur 2.360 Personen abgeschoben. Knapp 40 Prozent der geplanten Abschiebungen fanden aus unterschiedlichen Gründen nicht statt. Das betrifft die Abschiebeflüge zwischen dem 18.10.2016 und dem 07.05.2018.
Bundestagsanfragen Sammelabschiebungen
Nach Bundestagsanfragen gab es 2015 gleich 2.155 Personen, 2016 gleich 2.712 und 2017 etwa 1.807 Personen die vom Flughafen Karlsruhe Baden-Baden abgeschoben wurden. Das wären also 6.674 Abschiebungen in drei Jahren. 2014 wurden vom Flughafen Karlsruhe Baden-Baden lediglich 348 Personen abgeschoben.