Von sicheren Lebensverhältnissen in die Rechtlosigkeit abgeschoben.

Gylten und Gylije Tahiri haben in Serbien keinerlei Rechte

Am 27.09.2019 wurden zwei junge Frauen, Gylten und Gylije Tahiri, nach 20 Jahren Aufenthalt in Tuttlingen/Baden-Württemberg nach Serbien abgeschoben. Beide hatten eine Arbeit. Die Abschiebungen hätten nicht stattfinden dürfen. Rechtliche Voraussetzungen für einen weiteren Aufenthalt bestanden. Sie waren lediglich noch nie im Besitz von Identitätspapieren, da die Identitätspapiere während des Kosovokriegs im Haus verbrannten. Nun hat offensichtlich das Regierungspräsidium Karlsruhe, als zentrale Abschiebebehörde von Baden-Württemberg, Kopien von Geburtsurkunden besorgt und diese als Grundlage für die Abschiebung genommen.

So wurden beide Roma-Frauen lediglich mit einem EU-Laissez-passer abgeschoben. Ein Papier, das in Serbien keine Rechtsgültigkeit besitzt. Das weiß auch das Regierungspräsidium Karlsruhe. Das Papier legalisiert vielleicht die Einreise aber nicht den Aufenthalt. Mit dem ersten Schritt, mit dem die beiden Frauen serbischen Boden betreten haben, leben sie als Papierlose, Nicht-Registrierte mit einem ungeregeltem Aufenthalt in Serbien. Ihr Aufenthalt ist „Illegal“. Sie können sich weder in einem Hotel anmelden, eine Wohnung anmieten noch Geld schicken lassen. Dazu benötigen sie einen gültigen Reisepass.

Die Entscheidung, die beiden Frauen in die Obdach- und Rechtlosigkeit abzuschieben, zeigt, dass weder die Ausländerbehörde Tuttlingen noch das Regierungspräsidium Karlsruhe sich für das weitere Leben der Betroffenen interessiert. Hauptsache weg! Selbst das serbische Innenministerium betont, dass bei einer Ausstellung eines EU-Laissez passer im Besonderen Vorsicht geboten sei, wenn es sich um kosovarische Ausreisepflichtige handelt. Caritas Srbije schreibt dazu: „Mit anderen Worten, nicht registrierten Jugendlichen und Kindern Rückkehrender aus Kosovo wird die Einreise nach Serbien mit einem EU-Laissez passer nicht (unbedingt) gewährt. Auch wenn man sie einreisen lassen würde, heißt das immer noch nicht, dass sie Anrecht auf Sozialleistungen, Krankenversicherung usw. hätten.“1

Alle Versuche der beiden Frauen sich mit Hilfe ihres Bruders, der extra nach Serbien geflogen ist, in Serbien anzumelden, wurden in den letzten drei Wochen von den Behörden abgelehnt. Der Verein Stablo Roma-Serbische Freundschaft in Kragujevac, bestätigte, dass beide Frauen im Meldesystem in Serbien nicht eingetragen sind und dass der Prozess der Wohnsitzmeldung sehr schwer ist. Der staatlich anerkannte Verein schreibt auch, dass die beiden Frauen Gylten und Gylije Tahiri nicht in Serbien bleiben können. Caritas Srbije unterstützt Abgeschobene von 2017, die bis heute keine Rechte in Serbien geltend machen können.

Beide Frauen leben aktuell rechtlos in Serbien. Sie haben weder eine Meldeadresse noch können sie Rechte geltend machen. Kein Recht auf Arbeit, keine Recht auf staatliche Fürsorge, keine Krankenversicherung und kein Recht auf Bildung. Ein Überleben ist unter solchen Bedingungen nicht möglich und vestößt gegen internationalen Menschenrechtskonventionen und berührt nach dem UNHCR Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft auch den Tatbestand einer Verfolgung.

Die sofortige Wiedereinreise der beiden Frauen und die sofortige Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbot ist jetzt gefordert! Viel Zeit darf nicht mehr vergehen.

Rückfragen bitte an info@aktionbleiberecht.de

1RKB_Belgrad_newsletter2_11-17-1.pdf