Flüchtlingsrat: „Kasernierung von Roma in Sonderlagern 70 Jahre nach Kriegsende nicht hinnehmbar“
Die bayerische Staatsregierung will bis September das bundesweit erste Sonderlager für insgesamt 1.500 Balkan-Flüchtlinge eröffnen. Beschlossen ist der Standort Manching-Oberstimm bei Ingolstadt, eine ehemalige Bundeswehrkaserne. Bundesamt, Ausländerbehörde, Abschiebeförderung und Verwaltungsgericht sollen dort Außenstellen eröffnen. Die Flüchtlinge sollen innerhalb von vier Wochen rechtskräftig abschiebefertig gemacht werden. Im Gegenzug werden die Stadt Ingolstadt und der Landkreis Pfaffenhofen von der Unterbringung weiterer Flüchtlinge befreit und erhalten weitere Zusagen.
Der Bayerische Flüchtlingsrat kritisiert massiv das Abschiebelager für Balkan-Flüchtlinge mit Flughafenanschluss. Auch unter den Balkan-Flüchtlingen sind viele mit einem Anspruch auf Schutz vor Verfolgung. Allein die Jahresberichte von amnesty international über die Balkanländer sprechen Bände z.B. über die Verfolgung von Roma. In anderen EU-Staaten sind die Anerkennungsquoten für Balkan-Flüchtlinge laut Europäischer Statistikbehörde Eurostat deutlich höher, in der Schweiz beispielsweise erhielten 2014 rund 37 % der serbischen und 40% der kosovarischen Flüchtlinge einen Schutzstatus. Finnland gewährte 43% der Flüchtlinge aus dem Kosovo Schutz. In Frankreich wurden 20% und in Belgien 18% der Schutzsuchenden aus Bosnien und Herzegowina, in Großbritannien 18% der albanischen Asylsuchenden als schutzbedürftig eingestuft. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hingegen drückt die Anerkennungsquote in Deutschland mit oberflächlichen Schnellverfahren auf unter 1 %.
„Wir fordern die bayerische Staatsregierung auf, Balkan-Flüchtlinge im normalen Asylverfahren zu belassen“, erklärt Alexander Thal, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Ihre Kasernierung in einem Sonderlager mit Abschiebeflughafen dient nur dazu, Flüchtlinge zu isolieren, in der Ausübung ihrer Rechte zu behindern und in Schnellverfahren abzuschieben. Das ist menschenrechtswidrig und angesichts der Zielgruppe nicht hinnehmbar, viele Balkan-Flüchtlinge gehören der Minderheit der Roma an und sind die Nachfahren der Opfer des nationalsozialistischen Völkermords. Oder wollen wir 70 Jahre nach Kriegsende wirklich wieder Roma in Sonderlagern kasernieren?“
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