Systematische Misshandlungen von Geflüchteten durch die bulgarische Polizei‏

Geflüchtete nach Grenzübertritt misshandelt

Eine Pressemitteilung von Lucas Bender

Sehr geehrte Pressevertreter*innen, wir sind eine kleine Gruppe Menschen, die sich bereits seit mehreren Wochen in Belgrad aufhält, um den hier über Bulgarien und Mazedonien ankommenden Flüchtlingen als Anlaufstelle zu dienen. Entgegen der landläufigen Meinung, dass die Balkanroute geschlossen sei, erleben wir hier täglich die Ankunft von 40 bis 120 neuen Personen, die meist nach wenigen Tagen gen Ungarn weiterziehen. Sie benötigen insbesondere Unterstützung auf emotionaler Ebene, denn täglich berichten sie uns von Misshandlungen durch die Polizei, das Militär und rechtsradikale Bürgerwehren. Ca. 80% aller hier ankommenden Flüchtlinge haben in Bulgarien oder Mazedonien Misshandlungen und/oder Folter erfahren. Diese Einschätzung wurde von vor Ort aktiven NGO’s wie Ärzte ohne Grenzen, Rotes Kreuz und UNHCR mehrfach bestätigt.

Die Vorgehensweise in beiden Ländern unterscheidet sich dabei kaum. Falls die Geflüchteten kurz nach ihrem illegalen Grenzübertritt gefasst werden, erfolgen Misshandlungen und Erniedrigungen, die kaum vorstellbar sind. Den Menschen werden ihre Wertsachen, Geld sowie Handys und Smartphones geraubt, ebenso ihre mitgeführten Lebensmittel und in einigen Fällen sogar die Schuhe. Falls sie nicht schon zuvor geschlagen wurden, erfolgt dies in der Regel nach Abnahme ihrer Habseligkeiten, vermutlich um diese nicht zu beschädigen. Dabei wurde des Öfteren berichtet, dass sich Soldaten, Polizei oder Bürgerwehren in zwei Reihen einander gegenüberstellen. Die Geflüchteten müssen dann einzeln durch das schmale Spalier laufen und werden währenddessen zusammengeknüppelt und –getreten. Mehrfach erreichten uns Berichte von Knochenbrüchen sowie Fälle, bei denen der Verbleib der Opfer unklar ist, weil sie nach den Misshandlungen Blut spuckten, ohnmächtig einfach weggezerrt wurden und seitdem nicht mehr gesehen wurden und nicht mehr erreichbar sind. Auch Frauen und Kinder werden misshandelt. Nicht selten werden Hunde auf sie gehetzt, einige Refugees haben Bisswunden an Armen und Beinen – auch Minderjährige.

Diese Misshandlungen erfolgen regelmäßig und länderübergreifend sowie in solcher Häufung und Intensität, dass sie von staatlicher Seite geduldet, wenn nicht sogar angeordnet worden sein müssen. Meines Erachtens könnte eine fundierte investigative Recherche die Sprengkraft  esitzen, die bulgarische Regierung in ernste Schwierigkeiten zu bringen – mindestens aber den Chef der Grenzpolizei, der vor ca. zwei Wochen den Bürgerwehren eine Auszeichnung verliehen hat für ihr Handeln (s. Link unten).

Ein Flüchtling aus Afghanistan hat es auf den Punkt gebracht: „Zu Schulzeiten vor einigen Jahren hatte ich noch nie etwas von Menschenrechten gehört. Ihr habt sie uns gelehrt und ich habe daran geglaubt. Weil mein Vater in der Armee ist, wurde unser Haus von Taliban angegriffen, ich musste fliehen. Auf der Flucht habe ich statt Menschenrechte von euch gelernt, was die Verletzung von Menschenrechten bedeutet.“

Wir haben damit begonnen, die Misshandlungen zu protokollieren. Allerdings sind wir nur wenige Menschen mit sehr begrenzten Ressourcen. Einige Audioaufnahmen liegen uns auch vor, jedoch in sehr schlechter Qualität. Ich kann Ihnen Kontakte zu Ärzten ohne Grenzen weitergeben, die vielleicht bereit sind, alle dokumentierten Misshandlungen an Sie weiterzugeben. Denn weil viele Flüchtlinge nach ihrer Ankunft in Belgrad ärztlich behandelt werden müssen, werden Herkunftsland, Fluchtroute, Misshandlungen und Verletzungen anonymisiert protokolliert – seit bereits vier Jahren. Ein Arzt sprach in dem Zusammenhang von einer “systematischen Jagd auf Menschen“.

Ich könnte Sie in Belgrad in Strukturen einführen, die Ihnen einen schnellen und unkomplizierten Zugang zu den Menschen verschaffen, die dort misshandelt eintreffen. Diese Problematik liegt mir sehr am Herzen, denn es war nur schwer auszuhalten, jeden Tag aufs Neue und von  euen Menschen über ihre Misshandlungserfahrungen in Kenntnis gesetzt zu werden. Meine Bedingung wäre nur, dass ich keine Erwähnung finde.

Bitte setzen Sie sich mit mir in Verbindung: 0176-29751408 oder LTBender@gmx.de

Sollten Sie kein Interesse haben, bitte ich Sie um die Vermittlung weiterer möglicher medialer Ansprechpartner.

Mit besten Grüßen,

Lucas Bender

Tel.: 0176-29751408
Mail: LTBender@gmx.de <mailto:LTBender@gmx.de>

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*_Anhang_*:

http://www.n-tv.de/politik/Bulgarische-Polizei-misshandelt-Fluechtlinge-article16345576.html
(WICHTIG! November 2015)

http://www.balkaninsight.com/en/article/bulgaria-awards-vigilante-migrant-hunters-04-08-2016

http://sofiaglobe.com/2016/04/11/bulgarian-border-police-chief-migrant-hunting-somewhat-illegal/

https://www.ard-wien.de/2016/04/13/bulgarien-jagd-auf-fluechtlinge/

https://www.ard-wien.de/2016/03/17/ostbalkanroute-fluechtlinge-bulgarien/

http://www.huffingtonpost.de/2016/04/12/fluechtlinge-bulgarien-jagd-selbstjustiz_n_9669260.html

http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/04/13/bulgarien-premier-lobt-buergerwehren-weil-sie-fluechtlinge-festsetzen/

http://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-in-osteuropa-regierungen-dulden-selbstjustiz-der-buergerwehren-a-1087388.html