Rede gehalten am 7. Juni 08 anlässlich Dreilanddemonstration in Freiburg von Ingrid W.
Es gibt viele gute Gründe für ein bedingungsloses Grundeinkommen zu sein. Wäre ich eine mittellose Landarbeiterin in Katalanien, würde ich für Red Renta Basica kämpfen. Damit es mich vor Ausbeutung und Gewaltverhältnissen schützt. Wäre ich ein allein erziehender Vater in Amsterdam, würde ich mich für ein Basisinkomen einsetzen, damit ich ohne Arbeitszwang und ohne das Risiko der Verarmung mich um meine Kinder kümmern kann. Als Milchbauer in Südbaden oder der Schweiz würde mir das bedingungslose Grundeinkommen Unabhängigkeit vom Markt und den Handelsketten schenken. Ich könnte meine überschüssige Milch denen schenken, die sie dringend brauchen und müsste sie nicht in den Gully schütten, nur um den Preis zu stabilisieren.
800 Euro für alle, die nicht angerechnet werden auf Lohn oder Gehalt, für Kinder und Erwachsene gleichermaßen und unabhängig von der Zugehörigkeit zu einem Haushalt, also als individueller Rechtsanspruch, das sind die Kriterien für ein Existenzgeld, einem Grundeinkommen Modell wie es von der unabhängigen Erwerbslosenbewegung seit den 80er Jahren entwickelt wird. Dazu kommt noch ein regional angepasstes Wohngeld. Das Existenzgeld soll nicht an irgendeine Verpflichtung zur Erwerbsarbeit gekoppelt sein und an jedeN BürgerIn gezahlt werden, von Geburt an.
Dies klingt utopisch, nimmt aber immer konkretere Formen an. So hat sich das Basic Income European Network bereits zum Basic Income Earth Network entwickelt. Überall auf der Welt werden Projekte ausprobiert, derzeit z.B. auch in Namibia. In Irland, wo auch viele kirchliche Kreise diese Forderung unterstützen, findet vom 19.-21.Juni der nächste internationale Kongress in Dublin statt.
Eine andere Dimension dieser Bewegung zeigte sich im April in Frankreich, wo sich Christine Boutin, die Ministerin für Wohnungswesen und Stadtentwicklung der französischen Regierung an Yoland Bresson gewandt hat, den Mitgründer der Association pour l’instauration d’un revenue d’existence. Sie hat um Ansprechpartner aus allen europäischen Ländern gebeten, um ein politisches Forum zu diesem Thema auf europäischer Ebene durchzuführen. Vom deutschen Netzwerk wurde Katia Kipping, BT-Fraktion DieLinke und Wolfgang Strengmann-Kuhn, BT Bündnis90/Die Grünen, benannt. Spannend, was da kommen wird.
Oft wurde mir gesagt, das BGE sei reformistisch und bedeute nicht die Abschaffung des kapitalistischen Systems. Jedoch erschüttert es eine wesentliche Voraussetzung des Kapitalismus: nämlich dass der lohnabhängige Mensch seine Arbeitskraft verkaufen MUSS, um zu überleben. Wenn das BGE existenzsichernd ist, kann der abhängig Beschäftigte Nein sagen zu schlechten Arbeitsbedingungen. Hierdurch gewinnt er an Einfluss darüber, wie und was produziert wird. Der gängige Arbeitsbegriff wird radikal in Frage gestellt, erweitert und die unbezahlte, nicht minder sinnvolle Tätigkeit miteinbezogen.
Und wer soll das bezahlen? Der Reichtum dieser Gesellschaften muss gerecht umverteilt werden, Misswirtschaft, Verschwendung und Überstunden müssen verschwinden. Wir wollen hier keine amerikanischen Verhältnisse mit workfare, moderner Sklaverei und Schattenwirtschaft. Vor allem wollen wir unsere Kinder und Enkel nicht als Generation Praktikum oder 1-Euro-Jobber bis auf die Knochen frustriert sehen!
Helft alle diese Utopie weiter zu denken und konkreter zu machen! Gestaltet zusammen mit dem Dreiland Netzwerk die internationale Woche des Grundeinkommens, die vom 15.-21.September stattfinden wird, getragen von den drei deutschen GE Netzwerken, von attac und weiteren Organisationen vor Ort.
Außerdem schließe ich mich dem Aufruf des ver.di Kollegen zum Arbeitslosenfrühstück vor der ArGe Freiburg an, und zwar am 16.06. um 10.00 Uhr.
Zum Schluss möchte ich mich der Botschaft des finnischen Erzbischofs John Viktröm anschließen, der mehr Menschenwürde und Ermutigung mit einem Bürgereinkommen für alle Menschen herbeiwünscht:
„Du bist wichtig, du bist keine Last, sondern eine Kraftquelle. Du bist als menschliches Wesen für deine Mitmenschen wichtig. Was für eine Arbeit du auch tust, in welcher Situation auch immer, ob du dafür bezahlt wirst oder nicht, du trägst deinen Teil bei zum Aufbau unserer Gesellschaft.“
Ich wünsche allen noch einen schönen Tag!