Die folgende Rede wurde von einem Mitglied des Freiburger Friedensforums an der Station Siegesdenkmal gehalten während des "Utopischen Stadtspazierganges", der Auftakt-Parade des Aktionsmonates.
Liebe Freundinnen und Freunde der Gewaltfreiheit, Wir kommen nun zum sogenannten Siegesdenkmal.
Es wurde errichtet nach dem deutsch-französischen Krieg 1870, der mit der Proklamation des deutschen Kaisers in Versailles endete.
So steht es in den deutschen Schulbüchern.
Es soll also an einen Sieg erinnern.
An den Sieg derer, die dieses "Siegesdenkmal" errichten ließen.
Die Sieger haben dieses Denkmal nicht selbst errichtet.
Das haben ihre Untertanen getan - im Auftrag der Sieger, nehme ich an.
Warum nennt man dieses Ding ein Denkmal?
Soll es wirklich zum Denken anregen.. oder zum Glauben? zum Dran-Glauben vielleicht?
Wer waren die Sieger?
Wer waren die Verlierer?
Warum fand dieser Krieg statt?
Bismarck wollte den Preußenkönig zum deutschen Kaiser machen, und das gelang ihm, indem er Napoleon 3 zum Angriff reizte, der daraufhin prompt verlor.
Nähere Angaben entnehmen Sie bitte Ihrem Geschichtsbuch, sofern Sie es noch nicht auf den Müll geschmissen haben.
Sie können aber auch Bernt Engelmanns Anti-Geschichtsbuch lesen, darauf beziehe ich mich hier.
Verlierer war aber nicht nur das französische Volk (es musste über 5 Mrd. Goldfranken Reparationen aufbringen), sondern auch die deutschen Untertanen, die sich nach der nach der Kaiserproklamation 1971 in Versailles einem verstärktem Unterdrückungsapparat (einem "starken Staat" gewissermassen) ausgesetzt sahen.
Der Anteil der Militärausgaben am Staatsbudget betrug über 70%, was die Rüstungsindustrie in Hochstimmung versetzte und den Grössenwahn der sogenannten Eliten beförderte, die auch vor kolonialen Annektionen in Afrika und anderswo nicht Halt machte.
Man kann also sagen, dass mit dem aufbrechenden Größenwahn der sogenannten Eliten hier der Grundstein für den 1. Weltkrieg gelegt wurde.
Dieser wie auch der 2. Weltkrieg gingen zwar verloren, aber nicht für diejenigen, die vom Krieg profitiert haben, z.B. durch Produktion und Lieferung von Waffen, Einsatz von Zwangsarbeitern in der Produktion, Enteignung und Ermordung von Juden und Regimegegnern. Das dabei geraubte Eigentum ist heute noch im Besitz der Räuber bzw. ihrer Nachkommen. Eine deutsche Renommierfirma, auf die dies zutrifft, werde ich später noch erwähnen.
Was Wunder also, dass auch heute der Produktion von Kriegsmaterial in Deutschland eine hervorragende Rolle zukommt, besonders in Zeiten,
in denen die Lohnabhängigen (besonders die sogenannten prekarisierten) als Nachfrager nach Konsumgütern immer mehr ausfallen.
Die deutschen Rüstungseliten belegen weltweit den dritten Platz beim Export von Kriegsgerät.
Das heißt: die immer mehr global agierenden sogenannten Eliten balgen sich um Rohstoffe und Einflusssphären.
Auch an deutschen Universitäten wird intensiv daran geforscht, wie man Kriege noch effizienter gestalten kann.
Die Freiburger Uni etwa verfügt über enge Forschungskontakte zu den Freiburger Fraunhofer-Instituten.
Vor allem genannt seien das Fraunhofer Institut für Kurzzeitdynamik (Ernst-Mach-Institut, EMI - 230 Mitarbeiter, Jahresbudget über 15 Mio. EUR) und das Fraunhofer Institut für angewandte Festkörperphysik (IAF - 200 Mitarbeiter, Jahresbudget über 21 Mio. EUR).
Diese Institute in Freiburg sind zwei von bundesweit fünf Fraunhofer Instituten, die sich zum "Verbund Verteidigungs- und Sicherheitsforschung" (Fraunhofer VVS) zusammengeschlossen haben und an kriegstechnischen Fragestellungen arbeiten.
Gemeinsamer Nenner ist die ausdrückliche Forschungsarbeit für den Rüstungsbereich im sogenannten Verteidigungsministerium.
Das in der Eckerstr. 4 im Institutsviertel angesiedelte EMI forscht unter anderem auf den Gebieten
- Abwehrflugkörper gegen ballistische Flugkörper
- Rohrwaffen
- Einsatz und Wirkung von Explosivstoffen etc.
und simuliert auch Raketen- und Flugkörperszusammenstöße im Weltraum.
Klaus Thoma, Leiter des EMI, ist ausserdem Sprecher des Fraunhofer VVS (dessen Geschäftsstelle sich ebenfalls in der Eckerstr. 4 befindet) und eines von fünf deutschen Mitgliedern im ESRAB (European Security Research Advisory Board), einem Gremium, das unter anderem den Bedarf an Erforschung von "Sicherheitstechnologien" ermitteln soll.
Für das EMI werden auch per Massen-emails an Studenten der mathematisch-physikalischen Fakultät "begeisterungsfähige Wissenschaftler" gesucht.
Neben der Zentrale in Freiburg gehört zum EMI noch ein weiterer Institutsteil in Efringen-Kirchen (Am Klingelberg 1, 79588 Efringen-Kirchen) sowie den Versuchsplatz Holzem (Am Christianswehr 2, 79400 Kandern).
Dort befindet sich auch die EMI-eigene Sprengversuchsanlage mit Sprengkammer für Innenraumdetonationen sowie einen Sprengkessel für Nahdetonationen mit bis zu 20 kg Sprengstoff.
DAS IAF in der Tullastrasse in Freiburg forscht im traditionell militärischen Bereich der Infrarotsensoren sowie an Lasern und LEDs für militärische "optische Gegenmaßnahmen" und "verbessert die Fähigkeiten der Streitkräfte in den Feldern Aufklärung, Überwachung, Waffensysteme und Schutz".(Das wär was für den Schäuble!)
Konkretes Beispiel für IAF-Entwicklungen sind Infrarotdetektoren, die ab 2009 im Airbus A400M der Bundeswehr eingesetzt werden.
Diese Art militärischer Forschung wurde schon zweimal vom Land Baden-Württemberg gefördert:
Nach 2002 erhielt das IAF in 2007 einen Landesforschungspreis für Ergebnisse bei der Entwicklung eines Waffensystems für das oben genannte neue Truppentransportflugzeug A400M, das für Auslandseinsätze der Bundeswehr bestimmt ist.
Das Freiburger LITEF-Werk in der Wiesentalstraße produziert Komponenten zur Ortung und Navigation von Flugzeugen und Marschflugkörpern, Geräten also, die etwa bei Kampfflugzeugeinsätzen der USA in Afghanistan zum Einsatz kommen.
Auch die Freiburger Daimler-Niederlassung war schon Ziel von Demonstrationen gegen die Verflechtung dieses Unternehmens mit der EADS, Europas größtem Rüstungsunternehmen.
Daimler hält 15 % des Kapitals an EADS, hat aber einen Anteil an Stimmrechten in Höhe von 22,5 %.
7,5% hatte nämlich die Bundesregierung im Februar dieses Jahres von Daimler übernommen, die entsprechenden Stimmrechte aber Daimler großzügig überlassen.
Im Daimler-Konzern werden zum Beispiel Abschussrampen für Streubomben gebaut, deren Einsatz in Afghanistan samt seinen verheerenden Auswirkungen auf die dortige Zivilbevölkerung sogar schon in der bürgerlichen Presse angeprangert wurde.
Schließlich leistet auch die Arbeitsagentur in Freiburg ihren Beitrag zum Wohl der Rüstungsindustrie.
Sie veranstaltet quartalsweise Veranstaltungen mit dem Ziel, den Arbeitslosen den "Dienst an der Waffe" schmackhaft zu machen.
Dies alles sind Hinweise darauf, dass die Militärtechnik ein Markt ist, dessen Größe von den Regierungen (unter nachdrücklicher Nachhilfe durch Lobbyisten) bestimmt wird.
Ein im wahrsten Sinne des Wortes totsicheres Geschäft also.
Und das, obwohl die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung (die Wähler der Regierung) jegliche militärischen Interventionen ablehnt - besonders nach den jüngsten Erfahrungen auf dem Balkan, im Irak und in Afghanistan.
Dies wirft ein düsteres Licht auf den Zustand des politischen Systems, in dem wir leben, und das als "parlamentarische Demokratie" bezeichnet wird.
Werfen wir nochmal einen Blick auf das "Siegesdenkmal"; denken wir also mal intensiv nach:
Was ist seit den 70er-Krieg passiert?
Was hat sich geändert?
Was ist gleich geblieben?
Was muss geändert werden?
Vor 140 Jahren war es den sogenannten Eliten noch möglich, die deutschen Untertanen gegen die französichen Untertanen zu hetzen,
2 weitere Weltkriege waren nötig, bis alle kapiert hatten, dass es kein guter Stil ist, seinen Nachbarn zu überfallen.
Es hat auch einige Versuche gegeben, die Gesellschaft sozialistisch zu organisieren, aber die Initiatoren erwiesen sich als Männer vom alten Schlag, die sich für unersetzlich und allwissend hielten - also für Eliten.
Als Begründung für Kriege musste die Gefahr aus dem imperialistischen Lager herhalten.
Ihre Untertanen schafften es nicht, sie abzuschütteln und ihre Gesellschaft gemeinschaftlich zu gestalten.
Durch die Wiedereingliederung in den globalen Kapitalismus hat sich die Lage der dortigen Untertanen nicht verbessert, aber sie hat den dortigen ehemaligen Eliten als Wendehälsen den Übertritt in die Gesellschaft der globalen Grössenwahnsinnigen ermöglicht.
Heute präsentieren uns die sogenannten Eliten neue Feinde: Kopftuch-und Turbanträger, die auf den für uns so wichtigen Rohstoffen sitzen und so ein prima Feindbild für die Träger der christlichen Leitkultur abgeben.
Gegen die müssen wir uns natürlich auch am Hindukusch verteidigen.
Es sind also immer noch die sogenannten Eliten, die uns Lohnabhängigen das Leben schwer machen.
Der Größenwahn gehört zu ihnen wie der Suff zum Alkoholiker, nur mit einem entscheidenden Unterschied:
Der Alkoholiker weiss, dass er krank ist, und er weiss, dass der Suff ihn umbringt wenn er nicht damit aufhört, und deshalb will er eigentlich davon loskommen und ist meist für jede Hilfe dankbar.
Die Größenwahnsinnigen aber - und das sind sie nun mal, die (Wehr-)-Wirtschaftsführer - leben ständig in ihrem Wahn und halten sich obendrein für Leistungsträger und Menschheitsbeglücker, werden von ihrer Umgebung belohnt (weil sie auch ihrer Umgebung Vorteile verschaffen) und kontrollieren auch noch einen Propagandaapparat, der sie bestätigt, auch dann, wenn das Desaster offensichtlich ist.
Die Verherrlichung dieser Größenwahnsinnigen geht so weit, dass die Verelendung der Lohnabhängigen als Kollateralschaden des höchste Priorität geniessenden Wirtschaftswachstums angesehen wird.
Was also muss geändert werden?
Wir müssen uns darüber im klaren sein, dass hier Brandstifter als Hausmeister tätig sind - und sie können sich auf unseren Auftrag berufen.
Wir müssen daher diesen Brandstiftern unseren Auftrag entziehen und unsere Gesellschaft gemeinschaftlich organisieren.
Wir müssen uns darüber klar werden, dass nicht wir die Kapitalisten brauchen, sondern die Kapitalisten uns.
Alles, was wir brauchen, wird von arbeitenden Menschen produziert.
Brauchen wir jemanden, der uns sagt, was wir produzieren sollen?
Brauchen wir jemanden, der uns Geld gibt, damit wir uns kaufen können, was wir brauchen?
Das, was wir brauchen, haben wir doch selbst produziert!
Was für einen Beitrag dazu hat der Kapitalist geleistet?
Er oder seine Vorfahren haben sich irgendwann das Land angeeignet, auf dem heute die Fabrik steht, die er von Lohnabhängigen hat bauen lassen.
Er hat sich etwas angeeignet, was vorher niemandem - oder allen - gehörte.
Das ist alles, was er geleistet hat.
Seither kommandiert er nur rum.
Das muss nicht sein.
Überführen wir also das wieder in Gemeineigentum, was er sich angeeignet hat.
Damit wir gemeinsam das produzieren können, was wir wirklich für sinnvoll erachten.
Zwingen wir die Kapitalisten, so zu leben, wie wir es uns erträumen:
Ohne Lohnarbeit, ohne Fremdbestimmung, ein Leben mit kreativer, gesellschaftlich organisierter Arbeit.
Ist das eine Utopie?
Ja, so lange wir sie nicht umsetzen!
Und so lange riskieren wir, dass die Kapitalisten weiter das kaputtmachen, was allen gehört – auch uns selbst.
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verwendete Literatur:
- Bernt Engelmann: Wir Untertanen- Deutsches Anti-Geschichtsbuch, München 1975
- Bernt Engelmann: Einig gegen Recht und Freiheit - Deutsches Anti-Geschichtsbuch 2. Teil, München 1975