Badische Zeitung, Montag, 16. Juni 2008
Freiburg: Schattenparker im Rampenlicht
Internationales Treffen der Wagenburgszene: In dieser Woche veranstalten die Freiburger Wagenburgler ein Szenetreffen in der Stadt. Eine geplante Aktion am Stadttheater bleibt jedoch verboten.
Ein internationales Treffen der Wagenburgszene – da werden Erinnerungen an das "Do it yourself"-Festival vor zwei Jahren wach, als ein Polizist schwer verletzt wurde und bei einer Demonstration 300 Teilnehmer stundenlang im Polizeikessel saßen. Diesmal ist alles friedlich verlaufen. Frust gibt es trotzdem: Enttäuscht ist die Freiburger Wagenburggruppe "Schattenparker", dass das ab heute mit dem Theater geplante Projekt "Schattenparkerstaat" nur in abgespeckter Form stattfinden kann. Die Stadtverwaltung erlaubt keine Bauwagen vor dem Theater.
Rund 100 Wagenplätze soll es in Deutschland geben. Wie viele es genau sind, kann niemand sagen. Die Wagenburgszene ist eben bauartbedingt ständig in Bewegung – oft eher zwangsweise. Noch immer werde diese spezielle Wohnform von den Städten viel zu wenig unterstützt, sagt eine Schattenparkerin, die Alex Maier genannt werden möchte. Wegen der vielen Querelen um die Freiburger Wagenburgszene möchte die 32-jährige nicht, dass ihr richtiger Name in der Zeitung steht.
Die Freiburger Schattenparker leben inzwischen auf zwei Plätzen im Gewerbegebiet Nord, die ihnen die Stadtverwaltung vermietet. Was aber nicht bedeute, dass nun alle Probleme gelöst seien, sagt Jonathan Ehringer (Name ebenfalls geändert). Denn der Vertrag läuft nur noch bis 2011. Was danach kommt, ist ungewiss. Ähnlich ergehe es den Wagenburgbewohnern in anderen Städten, berichten die Teilnehmer des Treffens. So erzählt eine Frankfurter Wagenburglerin, dass das Gelände, auf dem sie derzeit lebt, demnächst bebaut werden soll.
Wagenburgler aus ganz Deutschland – wie hier aus München – nahmen an der Rallye teil.
Mehrmals pro Jahr trifft sich die Wagenburgszene auf verschiedenen Plätzen in Deutschland und im benachbarten Ausland. Auf dem Gelände der Schattenparker waren am Wochenende rund 80 andere Wagenburgler auf der Durchreise zu Gast. Es gab Workshops, Konzerte – und Party. "Aber nicht nur", betont Alex Maier.
Hauptsächlich gehe es darum, die verschiedenen Gruppen zu vernetzen und politische Diskussionen zu führen. Gemeinsam wollen die Wagenbewohner dafür kämpfen, diese Art der Wohnform zu etablieren. Bei einer Rallye erkundeten die Gäste auch die früheren Wagenburgplätze im Stadtgebiet.
"Dürfen der Staat oder die Stadt vorschreiben, wie jemand zu leben hat?" Um solche und ähnliche Fragen wird es in dieser Woche auch bei einem Kunstprojekt gehen, das das Stadttheater Freiburg gemeinsam mit den Schattenparkern initiiert hat, um diese für die breitere Öffentlichkeit aus dem Schattendasein herauszuholen. Mit einer Fotoausstellung, allabendlichen Volksküchen und Diskussionen im "Orbit"-Pavillon des Theaters und zwei Zelten soll das Leben der Wagenburgbewohner anderen Bevölkerungsschichten nahe gebracht werden.
Dazu hatte das Theater eigentlich vorgesehen, einige Bauwagen vor seinem Gebäude am Rotteckring aufzustellen. Sogar einen "Gästebauwagen" wollten die Schattenparker zur Verfügung stellen. Dort hätten Interessierte eine Nacht Probeschlafen können. Doch daraus wird nun nichts. Am Mittwoch kam das endgültige Nein von der Stadtverwaltung. Rathaussprecher Walter Preker begründet das städtische Verbot mit mangelndem Platz: "Wir wollen keine temporäre Wagenburg vor dem Theater."
Entmutigen lassen wollen sich die Verantwortlichen dadurch nicht. "Wir machen das Beste draus", sagt der künstlerische Leiter der Aktion mit dem Künstlernamen "Pastor Leumund". Am Montagabend wird wie geplant, wenn auch ohne Bauwagen, der symbolische "Schattenparkerstaat" gegründet – der nach sechs Tagen mit einer Party wieder aufgelöst werden soll.
Von unserer Mitarbeiterin Beate Beule
Schattenparkerstaat: Ab Montag, 20 Uhr, vor dem Theater. Die Ausstellung ist die ganze Woche ab 14 Uhr geöffnet, jeweils ab 18 Uhr gibt es eine Volksküche, ab 20 Uhr ein öffentliches Plenum.